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Münster-Verschwörungen

Russenspione im Gully

Willkommen in der Hohlwelt:
Der Historiker Dr. Philipp Erdmann weiß alles

über Münsters Verschwörungsmythen

Harhar, die Reptiloiden-Regierung kann vielleicht Euch mit ihren Chemtrails und 5G-Chips verblöden, aber wir wissen Bescheid! „Fake News haben in Krisenzeiten Hochkonjunktur und das Netz ist der Booster für Verschwörungstheorien. Doch das Thema hat auch einen doppelten Boden, denn zuweilen ist der Vorwurf der „Verschwörungserzählung auch ein politischer Kniff, um die Meinung des Gegners zu diskreditieren.

Der Historiker Dr. Philipp Erdmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Münsteraner Stadtarchivs in der Speicherstadt. Dort hielt er vor einiger Zeit einen Vortrag über Verschwörungsnarrative und ging dabei auch auf speziell münstersche Beispiele ein. Durch einen geheimen Zugang der Erd-Hohlwelt schauten wir zu...

Muster oder Zufall?

Erdmann sagt: „Wir alle suchen nach Erklärungen, um unsere Umwelt sortieren zu können, besonders wenn die gewohnten Erklärungen nicht mehr funktionieren. Und das ist in vielen Bereichen zweifellos der Fall. Wir Menschen sind allerdings Meister darin, Muster zu erkennen. Jedoch finden manche auch dort Muster, wo eigentlich keine zu erwarten wären.

Dazu Erdmann: „Psychologische Studien belegen einen interessanten Effekt: Wer eine Affinität zu Verschwörungstheorien hat, glaubt an alles Mögliche - nur nicht an harmlose Zufälle! Beispiel: Leute, die glauben, dass Prinzessin Diana ihren Unfall 1997 vorgetäuscht hat, um unterzutauchen, können sich ebenso vorstellen, dass sie von einem Geheimdienst ermordet wurde. Nur eines halten sie für völlig ausgeschlossen: dass es ein Unfall war.

Rohlings Hetzschrift

Zurück in die Geschichte: Entstanden sind die Verschwörungsklassiker laut Erdmann ausgerechnet in der Zeit der Aufklärung. Durch die Verweltlichung religiösen Aberglaubens, mussten statt eines schlecht gelaunten Gottes oder des trickreichen Teufels nun irgendwelche Menschen an Missernten, Krankheiten und sonstigem Übel schuld sein. (Wobei der Teufel für die damaligen Menschen eine völlig reale Person war. Anm.) Doch wie beim Hexenwahn des Spätmittelalters konnte es auch jetzt jeden erwischen.

1871 traf es mal wieder die Juden: Der Theologieprofessor August Rohling verfasste in Münster die Hetzschrift Der Talmudjude, die mittelalterliche Ritualmord- und Brunnenvergifter-Legenden aufwärmte, aber auch eine jüdische Weltverschwörung an die Wand malte. Das Pamphlet war ausgesprochen populär und wurde noch sechzig Jahre später von der Nazi-Hetzblatt Der Stürmer zitiert.

Im Auftrag des Zaren

Aber auch die Münsteraner konnten Gegenstand von Fake-News werden: 1892 warnte der Westfälische Merkur seine Leser vor dem Gerücht, die Cholera wäre auch in Münster ausgebrochen (seinerzeit wütete sie besonders stark in Hamburg) und es sei bereits ein Fabrikarbeiter infiziert. Dagegen schob die Stadtverwaltung in Bremen den Ausbruch der Cholera-Epidemie im Bremer Auswandererhaus öffentlich auf „die Münsterländer, die dort in großer Zahl einquartiert seien. Schuld sei deren „Unreinlichkeit sowie ihre maßlose Gefräßigkeit und Störrischheit.

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, grassierte in Münster eine kollektive Paranoia vor russischen Spionen! Am Hauptbahnhof wurde eine Frau wegen ihrer tiefschwarzen Haare von einem hysterischen Mob als vermeintliche Zaren-Agentin angegangen. Als sich das Gerücht verbreitete, es sei zudem ein Spion in der Kanalisation gesehen worden (der mutmaßlich die Aegidiikaserne von unten sprengen wolle), stiegen in der gesamten Innenstadt Scharen von Männern mit Fackeln und Funzeln durch die Gullydeckel in den Untergrund...

Bombe oder was?

Doch Verschwörungsmythen sind keine Sache vergangener Zeiten. Auch in der jüngsten Stadtgeschichte gab es einige bizarre Beispiele: 2012 wurde eine 125-Kilo-Fliegerbombe aus dem Krieg im Kanal unter Wasser gesprengt, was Massen von Schaulustigen anzog. Nach der Detonation meldete sich ein pensionierter Feuerwehrmann zu Wort und behauptete, die Form der Wassersäule beweise eindeutig, dass hier keine Bombe gesprengt worden sei, sondern etwas ganz anderes! Vielleicht der Zugang zur Hohlwelt?

Die da oben...

2014 soff Münster in einem beispiellosen Starkregen mit 300 l/qm ab. Besonders hart traf es die Kanalstraße, weil das parallel verlaufende Bett der Aa in einer Senke liegt. Doch anschließend verbreiteten einige Oberschlaue, „die Stadt habe absichtlich das Wehr des Aasees geöffnet und die Kanalstraße geflutet, damit der noble Prinzipalmarkt nicht überschwemmt wird.

Hier sieht man übrigens ein klassisches Muster der neuzeitlichen Verschwörungstheorien: Waren früher Minderheiten und Abweichler Objekte solcher Vorwürfe, sind es heute auch „die da oben, vor allem anonyme Institutionen wie Konzerne. „Die EU eignet sich wegen ihrer Intransparenz zum Beispiel optimal für solche Theorien, sagt Erdmann. „Früher war Herrschaftskritik traditionell links, heute kippt sie eher nach rechts, meint der Historiker. Das ist kaum erstaunlich, denn früher war das Establishment noch erzkonservativ und nicht teilweise linksliberal, wie heute etwa viele der Tech-Milliardäre.

Wuhan & Wiedertäufer

Auch das gibt es: Gestern noch Verschwörungstheorie - heute schon Realität. Was ist nun mit dieser „Labortheorie aus Wuhan? Erst offiziell medial verbreitet, dann als vermeintliche Verschwörung wegsortiert, kurze Zeit später erneut öffentlich ernsthaft diskutiert... ob man's je erfährt?

Ostern 1534 verbrannten die Wiedertäufer sämtliche Akten-Archive der Stadt (sogar das Originalrezept des Münsteraner Grut-Bieres, schluchz). Laut Erdmann hatte auch das ein verschwörungstheoretisches Motiv: „Für die Verbreitung ihrer neuen Weltdeutung mussten sie erst alle alten Quellen abschaffen, um die Deutungshoheit zu erlangen. Erinnert irgendwie an die Zensurpraxis in diversen Autokratien, oder?

Muss man wissen!

Übrigens bekommen auch wir manchmal lustige Leserpost zum Thema. Eine Leserin schrieb uns kürzlich: „Ist Ihnen nicht bekannt, daß die Wahlen ab 1956 ungültig sind? Seit dem 9.4.2018 ist die gesamte BRD nicht mehr existent, da die BRiD/NGO u. der Deutsche Bundestag, die börsennotierte, gewerbliche US-Handelsunternehmen waren, und im US-Bundesstaat Delaware als Aktiengesellschaft, als sog. Briefkastenfirma gemeldet und registriert sind, aufgrund Konkursantrag vom 1.11.2016 aufgelöst und gelöscht wurde. Durch die Auflösung der United States INC gehört Berlin nun auch nicht mehr zu den USA. Das hat zur Folge, dass der Bund (eine Briefkastenfirma) einschl. aller Gerichte etc. sich seit 6.11.2020 illegal auf dem Boden des deutschen Kaiserreiches befindet. Nun wissen wir endlich, auf welcher Seite Ihr steht! Und dabei waren wir so kurz vor der Weltherrschaft...

Carsten Krystofiak

(aus Ultimo Münster 5/2022)