Er sucht weltweit verlassene Gebäude auf und fotografiert sie in ihrer ehemals opulenten, nunmehr verfallenen, dekadenten Pracht. Drei vollfarbige Fotobände Timeless sind bereits von Markus Gebauer erschienen, der auch als DJ MGness (Favela, Fusion, Docklands Festival, Monopark undundund) wohlbekannt ist.
Ultimo: Wie findest du deine Lost Places? Du gehst wohl nicht zufällig vorbei und denkst, oh, da gehe ich mal rein.
Markus: Es ist schon sehr viel Recherche! Ich bin in diversen Bilderforen unterwegs, gucke mich bei bestimmten Leuten auf Instagram um. Man braucht da natürlich nicht nach Koordinaten fragen, keine Chance, es ist ja ein Geheimnis. Aber manchmal erkennt man ein Fenster oder eine Tür woanders wieder und hat da die Infos.
Das sind also meistens verfallene Orte, die andere schon mal besucht haben. Hast du selbst eigene Entdeckungen gemacht?
Zufällige Entdeckungen gibt es schon. Es macht auch einen Unterschied, ob man eine verlassene Villa oder eine aufgegebene Industrieanlage erforscht. In denen kann man schnell mal ‚ne defekte Leiter oder ein Loch im Boden übersehen. Da muss man sich äußerst vorsichtig bewegen...
Welche Lost Places sind „unproblematisch“?
Am besten sind die in öffentlicher Hand, so wie das Casino in Rumänien am Schwarzen Meer, wo ich mit viel Glück und Geduld eine offizielle Genehmigung bekam und dann ein kleines Zeitfenster von zwei Stunden hatte. Inzwischen wird das Casino aufwändig restauriert und ich möchte unbedingt auch „Nachher“-Bilder machen.
Was hast du alles dabei, wenn du losziehst?
Auf jeden Fall diverse Taschenlampen. Ich habe auch zwei Kameras dabei, weil ich in dem Staub der Location nicht unbedingt zwischen Weitwinkelobjektiv und normalem wechseln möchte. Und dann noch eine Videokamera, um ein paar Momente mitzunehmen. Wobei die Handykamera inzwischen auch im dunklen Bereich sehr gute Ergebnisse erzielt.
Was war die gefährlichste Situation auf deinen Entdeckungstouren?
Eine Villa in Portugal, wo wir die Geschichte kannten, dass jemand durchs dritte Stockwerk durchgebrochen war. Ein Kollege unkte: „Dieses Haus wird noch irgendwann jemanden umbringen.“ Es waren auch nur noch die Querbalken im ersten Stock vorhanden. Doch das Motiv war es unbedingt wert! Manchmal siegt aber auch die Vernunft, hehe.
Ist das für dich eine Art Schatzsuche und die Fotos sind dann später der Schatz?
Genau! Wenn man extra weit gefahren ist in ein fremdes Land, und du beginnst den Tag schon mit einem Fail, dann erhöht sich automatisch der Druck für den Rest des Tages...
Gab es Plünderungen in Lost Places?
Ja, leider. Was sehr schade ist, weil so ein Ort komplett eingerichtet noch viel attraktiver wäre. Und es ist auch einfach Diebstahl. Graffitis sind schon übel, aber Diebstahl geht gar nicht, das gebietet der Respekt vor fremdem Eigentum.
Hast du schon mal ein Andenken mitgenommen?
Nur wenn ich es offiziell bekommen habe. In dem erwähnten Casino wurde mir ein Glasornament eines Kronleuchters angeboten, und das habe ich nach mehrmaligem Ablehnen dann doch angenommen. Weil es so gut zu meinem Foto passte.
Hast du schon mal Dinge umgestellt, um ein Foto interessanter zu machen?
Jein - wenn ich merke, dass da schon einer rumdekoriert hat, versuche ich eventuell, es wieder „geradezurücken“. Aber da kommen wir zum Problem KI. Inzwischen gibt es Möglichkeiten, Lost Places als komplette Illusion zu erschaffen. Eine Bibliothek im Dschungel etwa, was ein geiles Motiv ist, aber gar nicht existiert. Manchmal fragen mich Käufer meiner Bilder, wo das denn aufgenommen wurde, und dann rücke ich auch damit raus, weil es doch einen ganz anderen Wert hat, als ein Bild nur aus Einsen und Nullen.
Du warst u.a. in Tschernobyl, Thailand und Taiwan. Findet man in der Umgebung von Münster keine Lost Places?
Nee, hier in Westfalen kenne ich keine interessanten Lost Places. Es geht ja auch nicht um normale Wohnhäuser. In Ostdeutschland kann man da schon erfolgreicher sein.
Im dritten Band deiner „Timeless“-Fotobuchreihe heißt es, es sei vorerst der letzte. Kein Interesse mehr an der Jagd nach Lost Places?
Neinnein, nur die Veröffentlichung der Fotos in Buch-Form ist für mich gerade etwas ausgereizt. Ansonsten ist es eine Sucht, solche Orte aufzuspüren! Da kommt man nicht einfach so von los...
Interview: Roland Tauber
Fotos und Bücher erhältlich über urbexery.com
alle Bilder © Markus Gebauer