Vor fast zwanzig Jahren wurdest schon mal von Ultimo interviewt. Damals hast du zeichnend in deiner münsteraner Studibude gesessen und dich als Gerichtszeichner durchgeschlagen. Heute bist du gut im Geschäft, oder?
Ich hab ja während des Studiums mein Geld schon mit Zeichnen verdient. Dann ging es relativ schnell los: Anfragen, Preise, man kommt in bestimmte Kreise und lernt Künstler kennen, die man als Kind oder Jugendlicher gut fand.
Wenn du ein Portrait zeichnest, kommt dir dann spontan eine Idee, die du umsetzt oder planst du das richtig?
Das ist schon ein Prozess. Ich sammle erst mal viel an Fotos und auch Videos der Person, um zu gucken, wie ist die so in der Bewegung. Und dann mache ich ganz viele Skizzen nach einem Bild von ihr, was ich in meinem Kopf habe, um es so gut wie möglich rüber zu bringen. Das mache ich bis der Punkt kommt, wo ich denke, okay, jetzt hab ich geschnallt, wie die Person so ist und dann übertrage ich das alles auf ein größeres Format. Schließlich radiere ich viel, streiche was weg oder übermale, bis sich mein Bild langsam ergibt.
Lässt du dich auch manchmal von Filmen und Serien inspirieren? Beatrix von Storch erinnert ja schon etwas an „The walking Dead“.
Ja, das höre ich öfters: Sieht aus wie bei Star Wars oder so. Wie diese Figur mit den Ohren...
Stern, Welt, Rolling Stone, Eulenspiegel, Süddeutsche: Alle wollen Hoppmanns scharfe Feder
Meinst du Yoda?
Genau, sieht aus wie Yoda oder so! Es ist aber nicht so, dass ich mir da Inspirationen hole. Aber manchmal sehe ich eine Person und vergleiche sie mit irgendwas Animalischem. Der sieht aus wie 'n Wolf oder Haifisch oder whatever, aber das passiert eher unterbewusst.
Also du schließt dieses Bild, das du von der Person hast, dann eher aus dem Verhalten?
Ja, aus dem Verhalten und aus der Figur. Aus dem Gesicht, dem Körper, der Mimik, Gestik.
Haben sich Politiker oder Stars schon mal bei dir gemeldet, um sich gegen Honorar zeichnen zu lassen?
Klar, es gibt Anfragen. Aber ich höre auch oft: „Oh Gott, von dir möchte ich niemals gezeichnet werden“! Offenbar eine Schreckensvorstellung, haha. Bei Auftragsarbeiten kommt dann meist schon beim Skizzieren die Frage von der Person, ob man da nicht ein bisschen Fahrt rausnehmen könnte...
Einen Shitstorm gab es bei dir noch nicht, oder?
Doch, es gab schon Anfeindungen, definitiv...
Gibt es jemanden, den du überhaupt nicht zeichnen würdest?
Bei Trump wusste ich lange nicht, wie. Bei ganz vielen Zeichnungen hatte ich den Eindruck, er ist in Natur mehr Karikatur, als in meiner Zeichnung, haha. Das war die Herausforderung: Er ist ja an sich schon eine Karikatur, der Vogel...
Seit dem Charlie Hebdo-Anschlag in Paris und der Mohammed-Karikatur hat sich viel geändert. Wie weit kann Satire heute noch gehen?
Hmm, Gute Frage! Was darf die Satire... noch? Die Zeiten ändern und entwickeln sich und es gibt viele Sachen, die heute in der Satire anders gesehen werden. Man sollte aufpassen, dass man klar differenziert - was ist satirischer Kontext und was nur so 'n blöder Kneipenwitz?
Hast du schon immer gerne Portraits gezeichnet oder kam das erst mit der Zeit?
Ich könnte jetzt wirklich das Beispiel mit dem „Lehrer-Zeichnen“ bringen. Also: Schule, ich voll keinen Bock. Alles scheiße! Diese Lehrer... Da ging es natürlich auch um Ungerechtigkeit. Und dann sitzt du da, hast nichts verstanden und kritzelst rum. Mit der Zeit hab ich angefangen, Portraits von Lehrern zu zeichnen, um die ein bisschen bescheuert aussehen zu lassen und man hörte von sich herum so: Kicher, kicher, kicher... Dann merkst du, Zeichnungen haben Energie, Kraft.
Und wie kam es zum verdrehten Hals von Sahra Wagenknecht? Wie legst du fest, welches spezielle Körperteil besonders hervorgehoben wird?
Sahra Wagenknecht hat nen langen Hals! Das bietet sich schon an, den zu verzerren - wenn man markante Attribute außer Acht lässt, geht das auf Kosten der Erkennbarkeit. Aber ich arbeite auch so, dass ich nicht nur die Physionomie nach groß und klein einteile, sondern vor allem Merkmale, die einem sofort auffallen, etwa der Blick, hervorzuhebe. Ich versuche dann, meiner Intuition Ausdruck zu verleihen.
Wie lange brauchst du für ein Portrait?
Das ist völlig unterschiedlich. Als ich angefangen habe, versuchte ich, Portraits in einem Rutsch zuende zu bringen, die ganze Nacht durch bis früh morgens. Mittlerweile hab' ich viel Routine. Wenn man alles zusammenrechnet, kommt aber schon viel Zeit zusammen: Fotomaterial raussuchen, Skizzen machen, Kaffee kochen... Die reine Nettozeit beträgt schon mal bis zu zwanzig Stunden und mehr. Aber das ist von Portrait zu Portrait sehr unterschiedlich. Manchmal muss es auch schnell gehen, ist immer auch ne Frage der Vorlage. Bei manchen braucht man einfach eine gewisse Energie, um dem Bild den Ausdruck zu verleihen, den es haben soll.
Du zeichnest und malst mit der Hand oder am Computer?
Wenn ich einen Scan, ein Foto oder whatever mache, habe ich den Anspruch, dem Original möglichst nahe zu kommen. Da wird nichts geschönt oder so. Aber mittlerweile zeichne ich etwa meine Karikaturen fürs Handelsblatt mit Tusche und koloriere sie dann aus Zeitgründen am Rechner.
Hast du momentan noch andere Projekte, an denen du arbeitest?
Ach, ich mag nicht so viel über ungelegte Eier reden. Also: Ich hab schon viele Ideen und es wird ein Buch geben, einen großen Bildband! („Hoppmann“ ist im Oktober 2023 erschienen – Red.) Und Ausstellungen sind auch schon in Planung...
Interview & Foto: Nora Euwens
Copyright der Abb.: Frank Hoppmann
Interview aus: Ultimo Münster 7-8/2022