KRIMI Wiener Würstel Herrn Irnbergers Stimmbruch Daß dös Buch ausgeht, wia's Hornberger Schiassen, liegt mehr an der vorwitzigen Nase des Autors als seinem Namen. Daß eigentlich überhaupt nicht geschossen wird, erst recht. H. Irnberger ist von Haus aus menschelnder Journalist (für Merian, Geo, Tempo, Playboy). Das merkt man. Im Guten, weil alles recht authentisch klingt, und im Schlechten, weil er für welche gerade Aussage auch immer gern von seinem eh nicht hohen Stil fällt. Und in eine zünftige Schießerei platzte er bestimmt mit einer unpassenden Charakterschilderung oder einer Jugenderinnerung der Leiche. Gut, daß es keine gibt. Auch nicht schlecht, daß die ganze Geschichte zwischen Staatsoper und Galopprennbahn spielt. Das liegt am schön schmählichen Lokalkolorit. Wir sind in Wien. In einem Dortmunder Verlag. Der mit Krimis aus Bochum zu recht bekannt wurde. Das hat schon was. Und es hat auch was, daß wir am Anfang in der Schlange um Stehplätze für eine Tosca-Premiere mit rüpelhaftem englischen Star-Tenor stehen. Der kommt aber gar nicht erst zur Aufführung, weil es eventuell zu einer Entführung gekommen ist. Und wir entnehmen der gewollt gefalteten Konstruktion (incl. bewußten Vorhängen für den Leser, wenn die Ereignisse zu deutlich durchsichtig werden): natürlich haben ihn nicht die geklaut, die die Kieberei verfolgt. Auch nicht die, die selber glauben, es veranlaßt zu haben. Oder der, der das Lösegeld haben will. Und schon gar nicht jener, der am Ende mit dem weiter verschwundenen Kammersänger Heurigen säuft und die Geschichte aufschreibt, die so anfängt: "Das könnte der Beginn eines sonderbaren Thrillers sein, dachte Herbert Kovarik." Nun ja. Es ist keiner geworden. Viel Mundart im breitesten Kottansch, eine Menge Bösartiges über Hofräte und Polizei und viel zu viel von dieser Sprache, die der Autor selbst in einer Vorbemerkung gegen den Vorwurf in Schutz nimmt, schlechtes Deutsch zu sein. Es könne sich ja auch um gutes Österreichisch handeln. Es könnte, hätte Irnberger nicht für ganz Blöde einen Blöden eingebaut, dem sein Kumpan aus der Galerie (Wiener Unterwelt) erklären muß, "Würstel" seien nicht Debreziner sondern Pferde. No na, wenn dös Bücherl doch a gschierchte Sausen is, dann gibt's gewiss g'nug blade Waldviertler, die's lesen. Wenn aber nicht, wie gut, daß in der Freudenau ausreichend Koloniakübel stehen (S. 151). Für Dortmunder: Müllcontainer (S. 170). WING
Harald Irnberger: Stimmbruch Grafit, Dortmund, 214 S., 14.80 DM | |