SF

sientifico illustico

Man kann auch aus Bahnhofskioskfüllungen was lernen. Man kann's aber auch lassen.

Neulich noch im Schnelldurchlauf, heute schon als Maxi: Harry Harrison scheint nicht nur Geld zu brauchen (weshalb er alte 60er-Stoffe remixt und extendet), sondern auch Geld zu bringen, weshalb Visionen einer Edelstahlratte als mittlerweile neunter Band seiner "Stahlratten"-Reihe verkauft wird, obwohl er gar nicht dazu gehört. Sondern bloß eine Story-Sammlung mit mittelguten Harrisonaden aus seinen mittleren Jahren ist.
Mit diversen unauffälligen Übersetzern, mit einem einzigen Abenteuer der stainless steel rat Jim Di Griz, mit einem verworfenen Kapitel aus dem alten, verfilmten "Soylent Green/Panik in New York" - und mit der Gelegenheit, das Erfindungsdatum der CompactCassette aus den Original-Erscheinungsdaten der Geschichten rückzurechnen. Und es ist genre-pädagogisch sehr wohl wertvoll, zu erfahren, daß noch 1969 sich ringelnde Tonbänder (dazu noch ohne Bobbines) benachrichtigungshalber durch einen Materie-Transmitter geschickt werden. Kurz danach muß Dampfmaschinenfreund Harrison aufgehört haben, auf die wirkliche Welt zu achten.
Jetzt achtet er auf sein Konto. Und liebt neben alter Technik immer glühender die knapp 100 Jahre alte Weltkunstsprache "Esperanto". Weshalb wohl Die Stahlratte singt den Blues erschien, worin das Serien-Schlitzohr (8 Bände ohne den obigen, weitere folgen) sich und ein Außenteam vom Galaktischen Sicherheitsdienst als Rockband tarnt, um auf einem machistischen Gefängnisplaneten irgendwas zu ermitteln. Da unten leben dann die Geschlechter strikt getrennt (dies ist kein (!) feministisches Buch), es hagelt eine Märchenpsychologie (etwa über den Eisenhans), mit der man richtig den ganzen Disney am Sack hat - und es fällt viel Esperanto.
Das verkauft Harry als Lingua Franca der Galaxis (tja - auch für Schund muß man a' bisserl 'bildet sein), und Harrisons Redakteur hängte einen Hinweis auf den Deutschen Esperanto-Club an (Germana Esperanto Asocio - ach, macht euch doch selber schlau). Der Redakteur war Heynes Gesamt-SF-Herausgeber Wolfgang Jeschke himself, aber auch der konnte die Übersetzung von Literaturagent Thomas Schlück - auch geldknapp, wie? - und Ersatzwitzelmann Ronald M. "Magendrücken" Hahn auch nicht mehr retten. Andererseits kriegt man so eben einen Eindruck von der maximal erreichbaren Stilhöhe in H.H.s liebster Universalhilfssprache. In der er seine Bücher nachweislich nicht schreibt.
WING
Harry Harrison: Die Stahlratte singt den Blues / Visionen einer Edelstahlratte Heyne, München 1995 (06/5297/5297), 282/347 S., 12.90/14.90 DM