WITZIG
Gelb und Gern Robert Gernhardt wird endlich berühmt Er malt leere Eimer in Öl und dichtet allen Ernstes noch mit Reim. Doch, allen Ernstes. Denn wenn einer der Aufnahme in die kleine , gelbe Universalbibliothek für würdig befunden wurde, dann hat er's wohl geschafft, hat Reim und Zeit (ein eher spätjugendlich wacker-witziger Werkauswahl-Titel) geschaffen, ist Klassiker geworden, kann Du zu Göthen sagen. Was Robert G. aber auch schon vorher gerne tat. Von erlesenster Respektlosigkeit sind seine Travestien, über die leidlich sprachmächtige Kaumleser fast genauso sich erheitern können wie Germanisten. Ehrlich, habe ich selbst erlebt. Mit artifizzeligster Naivität rumpelt R.G. im Schatzkästlein dichterischer Wortfolgen-Organisationsformen herum, kann die freien Rhythmen nicht leiden, zieht ein stilistisches Register nach dem anderen (genau genommen aber dann doch nur drei) und denkt sich jetzt zu lustigen Vierzeilern, einschlägigen Zeichen-Geschichten und längeren Drolerien (Drollereien?, der Germanist mag mir nicht helfen, er lacht immer noch) auch noch eine Theorie aus. In Gedanken zum Gedicht macht er sich genau solche beim Hausverlag Haffmans, druckt das Nachwort von oben noch mal, verbessert Theo Däubler, August Stramm und Robert Gernhardt (Pflicht-Passagen für jede Lyrik-Vorschule), verfolgt das Gespräch über Bäume von Brecht bis Alexandra und darüber hinaus, hält jederlei Poeterei von vornherein für kunstnotwendig komisch und das Rubrizieren in schweren Ernst hie und leichten Robert da für ganz irreführend. Wohl wahr. Doch klingts ein bißchen nach der Besserwisserei eines zwar begnadeten aber bisher aller Literaturpreise (verlustig gegangenen? nein) entbehrenden Dichters. Aber trotzdem (deswegen? Unser lachender Germanist von oben ist schon ein Buch weiter.) gut. Und die Achterbahn bei Insel ist (übrigens ebenfalls ziemlich gelb eingebunden) noch besser. Weil's da vom Vierzeiler zum Essay, vom Dichter-Cartoon zur Satire, vom alten Arnold Hau zu den neuen Körpern in Cafes so sauber schwirrlings rummadumm geht, daß einem ganz vergnüglich im Kopf davon wird. Was durchaus auch ein Zustand zum Ernstnehmen ist. Womit wir dann wieder beim Reim vom Eingang wären. Wozu der Dichter spricht "Ich leide an Versagensangst, / besonders wenn ich dichte. / Die Angst, die machte mir bereits, / manch schönen Reim zuschanden." So ein Glück. WING
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Robert Gernhardt: Achterbahn Ein Lesebuch. Frankfurt: Insel (IB 1116) 1990, 156 S., Abb., 20.- DM Robert Gernhardt: Gedanken zum Gedicht Zürich: Haffmans (HTB 100) 1990, 128 S., 12.- DM Robert Gernhardt: Reim und Zeit Gedichte. Stuttgart: Reclam 1990, 80 S., 2.80 DM |