COMIC

Hitler-Porno

Von »The Big Sleep« bis König Lear: »Desolation Jones«

Die Idee mit dem Hitler-Porno ist nicht neu (den besten Thriller darüber hat mal Don DeLillo geschrieben), und auch sonst ist Desolation Jones ein wüst zusammengeklaubtes Erzählkonstrukt, das sich zum Beispiel geradezu schamlos bei The Big Sleep und King Lear bedient. Ein alter sterbender Gauner hat 3 Töchter und 1 Problem: Man hat ihm seinen Hitler-Porno geklaut und erpresst ihn jetzt. Das bringt den Ex-Geheimdienstmann Jones ins Spiel. Der ist, wie eine Menge seiner Kollegen, in den "offenen Vollzug" für Schlapphüte versetzt worden: Offiziell außer Diensten, darf er in L.A. als Privatdetektiv arbeiten, aber wie alle sich dort tummelnden Geheimdienstler darf er die Stadt nie verlassen. Jones ist einem bio-chemischen Programm der "Desolation" unterworfen gewesen, das ihn nie wieder schlafen läßt und aus ihm einen zutiefst deprimierten hellhäutigen Superkrieger macht, der nicht weiß, ob er noch weiterleben will. Ausgedacht hat sich das Szenarist Warren Ellis, in atemberaubende und sehr originelle Bilder und Panels hat das J.H. Williams III verwandelt. Desolation Jones ist witzig, traurig, eklektisch, originell und kennt die Geschichte der Pop-Mythen rauf und runter, von Hemingway bis Silverberg, Shakespeare bis Hawks.
-aco-
Warren Ellis: Desolation Jones. Panini, Nettetal-Kaldenkirchen 2007, 144 S., 16,95