RÄTSEL
Noch mehr UFOs Seit wir nicht mehr dran glauben, kommen sie in Scharen: kosmische Besucher und komische Bücher darüber Wir haben längst schon nicht mehr alle Untertassen-Literatur im Schrank, schon weil wir den Platz für Akte X-Mitschnitte brauchen. Aber zuweilen juckt es doch, zu sehen, was die Szene so treibt. Zum Beispiel die Österreicher (es gab mal einen Österreicher, der an UFOs glaubte und später im Führerhauptquartier - aber wir schweifen ab) Helmut Lammer und Oliver Sidla, die es in "Nahbegegnungen" so wissenschaftlich wie möglich machen wollen. Deshalb lassen sie wohl auch die Kornkreise weg und geben keine Kontakt-Adressen zu Kontaktler-Kulten an. Dafür hauen sie auf diverse Laien-Gruppen ein, die von Pro bis Contra in UFO-Talkshows herumsitzen, keine akademische Ausbildung haben und der Sache nur schaden, egal ob sie an UFOs glauben (Herr Hesemann) oder an gar nichts (Herr Henke). Gelobt dagegen werden die Kollegen des MUFON-Forschungsnetzes (Herr Ludowiger), die allesamt irgendwas studiert haben und im Schnitt jedes dritte UFO als U durchgehen lassen, also als echt unidentifiziert. Immerhin spricht für diese Art "Nahbegegnungen", daß MUFON im berühmtem Medien-Fall der Roswell-Autopsie schon Monate vor dem Spiegel einen an Progerie erkrankten Menschen statt eines abgestürzten E.T.s zerschnippelt sah. Und für die Autoren spricht, daß sie relativ sachlich eine Menge abweichender Erklärungen von Sichtungswellen, Strahlenschäden und Entführungsberichten vorstellen - aber nicht alle, nicht mal alle deutschsprachigen, und nur zum Zwecke der Widerlegung mit neuen Daten. Die ihrerseits natürlich unüberprüfbar sind. "Es gibt UFOs" soll laut Lammer/Sidla eigentlich nur heißen: es gibt Dinge, für die es noch keine plausible Erklärung gibt (uneingeschränkte Zustimmung). Aber Außerirdische als besten Kandidaten für eine plausible Erklärung in Arbeit anzubieten, das geht dann gerade nicht. Und da haben wir den Salat: für fachlich Vorgebildete ist "Nahbegegnungen" (immer mehr Nahbegegnungen sollen übrigens nach der Entführung mit ernsten Schäden bis zum Tode enden) noch ärgerlicher als die freien Phantastereien (weil man Wissenschaft halb nur ganz schlecht machen kann) - während der Laie sich gerne wundern möchte, aber nicht Exkurse über computerisierte Bildanalyse oder das False Memory Syndrom im Chi-Quadrat-Test lesen will. Weshalb wiederum wir, natürlich antizyklisch, die "Nahbegegnungen" zur Nahbegegnung allen empfehlen, die uns vorher versprechen, nicht anschließend nach dem UFO-Jäger zu rufen. WING
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Helmut Lammer / Oliver Sidla: UFO Nahbegegnungen. Herbig Verlag, München 1996, 317 S., 49.90 DM |