WITZIG

Kot in Dosen

Das muß er abkönnen: Wiglaf Droste drückt sich mal wieder öffentlich aus

Tut das denn nötig? Schon wieder? Durchaus! Denn Wiglaf Droste könnte in die jüngere deutsche Literaturgeschichte eingehen (wegen Wortfindungen wie "sturzbetroffen" über K. Wecker - und "Tanzlehrer-Prosa" über M. Goldt). Wenn nicht außer solchen Gelegenheitsgenialitäten nichts Drostes derweilen sogar in FAZ und Bayernfunk beklatschte Selbsternennung zum Zeitgeistheiler unterstützte.
Schon gar nichts im neuen "Brot und Gürtelrosen"-Aufsatzsammelbändchen. Schon der ganz unanalytisch alberne Titel; und die Story dazu ist noch dünner. Auch nicht, daß er M. Spillane als Grandmaster Trash gegen die Politischen Korrektoren liest; nicht, daß die situationistische Internationale dem Antinational-Bund Lesungen daraus vermiesen wollte, oder so ähnlich; nicht, daß er weithin die richtigen Feinde (außer uns) hat; nicht, daß er fast so schnell wie wir die Lust an W. Boning und H. Schneider verloren hat - oder N. Young auch gegen mitklatschende Fans P. Maffay klar vorzieht; auch nicht, daß er überhaupt recht schnell seine in der Mehrzahl erbärmlich kurzen und maulflauen Ekel-Ejakulate ("unbequem" sagen die falschen Freunde wohl dazu) in Druck gibt ... das letzte ist, scheint's, aus diesem Monat. Droste ist, wir bleiben dabei, der Herbert Hiesel des denkenden Mannes. In dieser Reihenfolge. Wobei H.H. zwar ein abgesunkener Alp-Faschist, wenngleich urkomisch war, und "d.M." genau so halb-sexistisch gemeint ist.
Stutzig macht nur, daß zunehmend stinknormale Weibsen mit äußerst lückenhafter Linkssozialisation sich beömmeln können über Drostes Lustschreierei. Gebiert sich da doch eher der Fips Asmussen der post-moralen Periode? Oder andersherum Karl Krausssens Ur-Enkel mit Mofa-Pubertät - der wie der Ahne nicht nur sich ekelte ob der fettgefressenen Gedankengänge aller anderen - sondern selber ein Ekel war? Nur diesmal statt Champagner im Haar den Matsch von hinterm Feuerwehrfestzelt am Stecken hat? Richtige Gedichte mit Reimen kann er übrigens auch nicht. Trotzdem könnte W.D. unseretwegen gerne in die jüngere deutsche Literaturgeschichte eingehen. Nur bitte bald.
WING
Wiglaf Droste. Brost und Gürtelrosen. Und andere Einwürfe aus Leben, Literatur und Lalala Edition Tiamat, Berlin 1995, 127 S., 20.- DM