DICHTER

Über Flüssigkeiten

Peter Bornhöfts Lyrik-Sammlung »Übers Wasser gehen«

Weil wir früher selber einer waren / wagen wir es hier 'nem Dichter / an den Karren mal zu fahren / und obwohl das kaum wen kratzt / was so an Gedicht-Gelichter / unter unsrer Vorwahl ratzt // Regional-Poeten täten / nebenbei bemerkt für später / dümmer daran uns zu schneiden / weil von WING ein Ding zu kriegen / wohler wirkt als Null-Diäten / keine Pressen sind die schlimmsten / sagen nicht nur nicht die Dümmsten / weil wohl wo ihre Leser blieben / wenn nicht unsre sie erleiden / müßten so wie wir den Peter ...
Das beste Gedicht im Bande - ist gar keins. Sondern das Inhaltsverzeichnis: "Inhalt" steht da links oben, und "Seite" steht am Rand daneben, "Gedichte 1-101" darunter, die wiederum (hätte es nicht "Gedicht 1-101" heißen müssen?) auf Seite "9-109" stehen. Fertig.
Pustekuchen - Peter Bornhöft macht weiter. Von "wenn nur zwei Menschen Hand in Hand leicht aus dem Leben springen ohne viel Gedanken" (was keine Selbstentleibung ist, sondern das jenseits von partnerschaftliche Gegenteil) - bis "Nichts sagst du da wo ich nicht bin erinnert dich mehr an dein frühres Leben ... jetzt sind wir gerettet" (was nicht sehr aufatmend klingt, sondern fatal ausgezählt).
Mit diesem Zyklus von Liebesgedichten, meist in verwechselbaren Tonfällen und vergleichbaren Satzbaureihen in die Länge gezogen, ist's ihm sehr ernst - das geht in Ordnung. Aber nicht, daß Bornhöft statt wie aus ausdrücklicher Absicht Alltagsbilder Altpapier verwendet ("wie ein Luftballon von einem Fest") und statt der angestrebten "scheinbaren Einfachheit mit ihren Aussparungen" (Klappentext) Lückentexte recykliert so zwischen fahler Pastorale ("die Menschenkrankheit") und Tumbschwatz ("Eine Kunstfigur ... ist unsre Liebe, sagst du"). Baäh. Soviel zum Ärger über "Übers Wasser gehen".
Nun zur Freude: Bücher die uns zu Wortsterminen laden wie "das große Rot" und "kostenlose Karussells", können nicht ganz verloren sein. Mehr noch: wer über "gewöhnliche Wunder" sich weiter verwundern will, dem nehmen wir keine "alltägliche Reise" mehr übel - wer Artifizienz immerhin ahnen läßt (denken Sie Artistik, Effizienz und Intelligenz mal auf einmal), der darf auch weit hinter seiner vermeintlichen Objetivanz (denken Sie Objektivität, Ausdrücklichkeit und Perseveranz (=Beharrungsvermögen) zusammen) zurückbleiben.
Zusammen kommt das alles in Gedicht 33, auf Seite 41, mit bewußtem Lippenaufschlag zu sprechen: "Bist du Undine du die kommt und geht" (das ist der erträgliche und teilweise ertragreiche Teil - aber es geht weiter mit) "sich hingibt hingegeben wird" - äh näh - so entkommt Peter Bornhöft den selbstaufgestellten Anführungszeichen nie. So müßte die lyrische Liebes-Therapie eigentlich scheitern. Wenn überhaupt sich noch ein Lyriker "eigentlich" äußern könnte. Und daß ist der Grund der Hauptverstimmung: wir wollen ihm ja Nachfühlen und -spüren können, aber wir bringen es einfach nicht und reflektiert nicht über die Pumpe. (Herz/Wasser - ihr versteht?)
WING
Peter Bornhöft: Übers Wasser gehen Liebesgedichte. Snayder Verlag, Paderborn 1995, 109 S., 16.80 DM