BÜRO & WAHNSINN

Arme HiWis

Unsere Praktikantin weiß jetzt, wie gut sie's hat.

Wenn selbst der Heroinjunkie aus der Wohnung über Ihnen lieber seinen Turkeyschiss zurückhält als Ihre Toilette zu benutzen, gibt es ein paar mögliche Gründe: Sie sind seit einigen Tagen tot und versperren die Klotür. Oder Sie sind von der Drogenfahndung - oder ein Praktikant bei mobserv.

Auf Arne trifft Letzteres zu, und er hat einfach keine Zeit sein Klo zu putzen, und selbst wenn er die hätte, hätte er noch längst kein Geld für Putzmittel.

Er muss möglichst viele Wunderheiler im Internet ausfindig machen und zu jedem einen Text in SMS-Länge verfassen. Mobserv entwickelt nämlich neue Handytarife und Arnes Aufgabe ist Teil von "Solaris - dem Tarif für Esoterikfreaks", die neue Schwachsinnsidee seines cholerischen Kokser- und Alkoholikerchefs Christoph. Der ist nämlich in seiner esoterischen Phase seit er in Dubai Guru Erik kennengelernt hat.

Zum Glück gibt es noch Jeanette, die andere Praktikantin, den Silberstreif am Horizont. Arne verliebt sich in sie, aber es stellt sich heraus, dass Jeanette in Wahrheit ganz schön verkorkst ist. Außerdem hat sie die ganzen Abläufe in der Agentur besser drauf: Spam-Mails laut vorlesen, Listen bestausehenster Schauspieler anfertigen, mit Christoph in die Kiste steigen und, und, und.

Boris Fust schreibt schön ironisch über Klatsch & Tratsch, größenwahnsinnige Chefs, Nonsens-Aufgaben und Hungerlöhne - der Alltag eines Praktikanten eben. Er zerstört den Glauben an ein besseres Leben nach dem Studium, denn Egoprobleme, ätzende Gelegenheitsjobs, Liebeskummer und Stress mit den Eltern, hören auch dann nicht auf.

Nach diesem Roman muss man sich damit abfinden: Für die "Generation Praktikum" sieht die Welt hoffnungslos aus. Aber immerhin: Komisch.

Janne Hiller
Boris Fust: Zwölf Stunden sind kein Tag - Der Praktikanten Roman Piper, München 2008, 220 S., 7,95