CAMPING
Frischluft-Freunde
Über die Leidenschaft »Zelten«
Unter dem Titel "Kleine Philosophie der Passionen" hat der Deutsche Taschenbuch Verlag bereits 34 "Philosophien" herausgebracht. Zelten ist das neue Exemplar, und Jochen und Birgit Temsch - beide sind im redaktionellen Bereich der "Süddeutschen Zeitung" tätig - lassen in den zweiundzwanzig Erlebnisberichten vom Urlauben im Freien keine Anekdote aus.
Dabei können sie aus einem großen Erfahrungsschatz schöpfen, selbst während ihrer Flitterwochen haben die beiden in der Membran-Kuppel genächtigt. Vom Ferien-Zeltlager in der Jugend bis zum gemeinsamen Südsee-Trip haben die Temschs in wechselnder Reihenfolge ihre eindrucksvollsten Zelt-Reisen aufgeschrieben. Und das mit genügend Humor, wenn es etwa um gigantische Ratten im Spülbecken, lästige Moskitoschwärme vorm Zelteingang und den äußerst schwierigen Gebrauch einer Schneetoilette geht. Dafür wird in den schönsten Worten vom paradiesischen Strand in Französisch-Polynesien geschwärmt.
Nahezu alle Themen, die man sich im Zusammenhang mit Campen vorstellen kann, werden abgearbeitet. Zelten mit Zeltmuffeln, Campieren am Gardasee zwischen Kunstrasen und Gartenzwergen, Sex im Zelt, Equipment-Geprotze unter Platznachbarn. Die einzige fehlende Zelt-Situation ist das Festival-Campen, wovon sich ja durch den oft nicht geringen Alkoholanteil im Blut und die minimale Schlafzeit mindestens so lustig erzählen ließe wie über das in der Dunkelheit versehentliche Zelten im FKK-Camp - ein traumatisches Erlebnis für Herrn Temsch.
Nicht nur Outdoor-Laien werden von der Vielfalt dessen, was man so alles beim Zelten erleben kann, überrascht sein. "Wer sich in seiner freien Zeit lieber in Räumen einmauert, der wird nie richtig spüren, ob es warm ist oder kalt, wie es regnet oder schneit, (...) hätte ein Hotel noch so viele Sterne, wir haben Millionen von Sternen mehr", heißt es im Vortext schwelgerisch - ein klares Nein also zu Bungalows und Bettenburgen und eine Liebeserklärung an das Frischluft-Hotel aus Nylon und Metallstangen, mit Benzinkocher und zusammenfaltbarem Pfannenkuchenwender. Die paar Mückenstiche und das warme Bier nimmt der passionierte Zelter gern in Kauf, wenn ihm dafür die beste Sicht auf den hawaiianischen Sonnenuntergang geboten wird.
Michaela Sommer
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