LEBEN

Zeit in Dosen

Warum wir das wichtigste, was wir haben, nicht vergeuden sollten.

Meine Zeit gehört mir!" - wer kann das schon sagen ohne dabei auch zu lügen? Jeder Mensch muss seine Zeit mit Dingen verbringen die er nicht tun würde wenn er frei entscheiden könnte. "Zeit ist Geld" - das wird dem Normalen Typ, kurz NT in Der Zeitverkäufer klar. Eigentlich möchte NT, der in USA ("Unbekannter Staat, Austauschbar") lebt, sich mit dem Fortpflanzungsapparat rotköpfiger Ameisen beschäftigen statt Buchhalter zu sein. Aber er hat zwei Kinder und eine Frau und lebt in einer 60qm großen Eigentumswohnung, die er vielleicht in 35 Jahren abbezahlt haben wird. Allerdings wird er dann zu alt sein, um den Rest seines Lebens den rotköpfigen Ameisen zu widmen. NT wird bewusst, dass er seine Zeit an die Bank verkauft hat.

Da es so nicht weitergehen kann, beschließt er, seinen Job zu kündigen und ein eigenes Unternehmen zu gründen. Er weiß, dass die Menschen nichts mehr benötigen als Zeit, also füllt er fünf Minuten in einen Behälter, der eigentlich für Urinproben gedacht ist, und lässt sich sein Produkt patentieren. Jeder, der nun einen fünf Minuten Behälter von NT erwirbt, ist dazu berechtigt, seine fünf Minuten wann immer er möchte zu konsumieren und zu gestalten, wie es ihm gefällt. Das Geschäft mit der Zeit boomt so sehr, dass die gesamte Wirtschaft von USA lahmgelegt wird.

Trías de Bes hat seinen Roman bewusst kurz gehalten, weil er nicht zu viel Zeit seines Lesers in Anspruch nehmen will. Deshalb hat er seinen Charakteren (wie NT und NTF (="NTs Frau") keine Namen gegeben, nur Abkürzungen. Lässt man sich auf die eigenwillige Schreibweise des Autors ein, ist die Geschichte recht witzig.

Trías de Bes will dem Leser vor Augen führen: Zwar geht es der Wirtschaft vorerst gut, allerdings nicht den Menschen, die in diesem Wirtschaftssystem leben, weil sie einen enorm hohen Anteil ihrer Zeit für verhältnismäßig wenig Nutzen hergeben, schließlich stehen 60qm Wohnfläche in keinem Verhältnis zu 35 Jahren eines Lebens.

Janne Hiller
Fernando Trías de Bes: Der Zeitverkäufer. Aus dem Spanischen von Luis Ruby, dtv, München 2008, 155 S., 7,90