LESBEN

Die Öde der Provinz

Jung und falsch verliebt - das gibt Ärger

Es ist eh nicht leicht, wenn frau mit 15 entdeckt, dass sie nur Frauen liebt. Aber in einer Provinz-Vorstadt ist es fast die Hölle. Im eher gemütlichen Jugendbuch-Tonfall erzählt Lynette D'anna in Zeit der Blöße von den Mädchen Sage, Rita und Pearce, die ihre ersten Liebes- und Sexerfahrungen miteinander machen und sich damit automatisch gegen den Rest der Stadt stellen - wenn Frauen Frauen lieben, ist das eben pervers.
D'anna schickt ihre Heldinnen durch das übliche Wechselbad: nix wie raus aus der Kleinstadt, die erste eigene Wohnung, Liebe, Eifersucht, Enttäuschung. Was so passiert, wenn man nach der Schule das wirkliche Leben entdeckt. Dass nichts besonderes passiert, macht den Charme des Buches auf. In eher rauhem Tonfall reden die Mädchen miteinander, Sexszenen werden in drolliger Deftigkeit geschildert, und dass das Leben nicht so ist, wie man mit 15 annahm, lernen auch alle recht schmerzvoll.
Das ist, als rebellischer Gegenentwurf und in hübscher Lakonie geschrieben, recht nett zu lesen. Nur schickt am Ende die Autorin ihre Heldinnen wieder in die Provinz zurück: geläutert, klüger, raffinierter. Sie werden in der Stadt bleiben und sich nichts mehr gefallen lassen.
Die Autorin verrät die kleine Rebellion an die spießige Kleinstadtidylle. Nicht dass sie den dumpfen Vorstadtküchenmief überwinden ist der Sieg der Heldinnen, nein, sie kehren freiwillig zurück und bestimmen fortan selbst, was gekocht wird. Wie traurig.
Victor Lachner
Lynnette D'anna: Zeit der Blöße Aus dem kanadischen Englisch von Stefgan Haußmann. Argument/Ariadne, Hamburg 2000, 188 S., 14,80 DM ISBN: 3886199894