MITTELALTER

Lichtblick ins Leichte

Steffi Wolff albert sich mit »Die Knebel von Mavelon« durch Mythen und Historie

Steffi Wolff fing vor gerade mal 3 Jahren an, Comedy-Literatur zu schreiben, weil ihr der Freund wegglief und sie "endlich mal alle Folgen der Schwarzwald-Klinik am Stück zu sehen" als Trauerarbeit zu unlustig fand. So erzählt sie jedenfalls gern in Interviews, bei denen sie auch selten einzuflechten vergisst, dass sie neulich mal ein Buch 6 Wochen vor Verlagsabgabe-Termin versehentlich vom Computer löschte. Und dann aus dem Kopf noch mal just in time neu schrieb. Hach, eine moderne Power-Frau, die mit ihrem Ungeschick kokettiert und erfolgreichen Spaß höher schätzt als ernstzunehmende Ambitionen. Die offensichtliche, frauenliteraturregalfördernde Anspielung des neuen Titels auf "Die Nebel von Avalon" geht denn auch gleich auf der ersten Seite kaputt.
"Ich finde die Pest zum Kotzen." So beginnt die Heldin ihre Lebensbeichte, Lilian Knebel aus der Gemarkung Mavelon unterhalb Marburg, im Jahre 1534. Schnoddrig, görig, aber anfangs historisch durchaus korrekt, erzählt Lilian vom wilden Treiben in gottesfürchterlicher Zeit. Rote Haaare? Kopf ab! Warzen am Kinn? Auf den Scheiterhaufen! Die Hinrichtung der Woche? Ein Mordsspaß für alle, außer für Henker Bertram, der doch kein Blut sehen kann.
Im Folgenden erfindet Lilian zufällig die Pille (Stutenurin und Yamswurzel, gut gequirlt), kriegt deshalb mächtig Ärger mit der Obrigkeit und flieht über Kassel und Detmold nach England an den Hof des 8. Heinrich. Unterwegs begegnet sie echten und erfundenen berühmten Leuten, Martin Luther, Klaus Störtebeker oder Robin Hood. Paracelsus erfindet unterwegs das Penicillin etwa 300 Jahre zu früh und heilt ein bißchen die Pest, dafür erfindet sein Patient die Phobie und das Glück am eingebildeten Leiden.
So witzelt sich Liliane über die Seiten. Genau die richtige Lektüre für Leute, die beim Friseur zu lange warten müssen und die Moby Dick nur aus dem Kreuzworträtsel kennen. Liliane rammt nämlich Käptn Ahab im Ruderboot und heiratet Sandro Botticcelli.
Das ist zwar alles albern bis zum Zahnschmerz, aber unter all den neueren historischen Frauen-Schmökern vom Typ Kinkel oder Gabaldon ist Wolffs Knebel immerhin ein Lichtblick ins Leichte, um es mal so stilmischmaschend zu sagen, wie Steffi es gern tut.
WING
Steffi Wolff: Die Knebel von Mavelon. Fischer Tb Verlag, Frankfurt 2006, 312 S., 7,95 ISBN: 3596167019