BOY MEETS GIRL
Krieg im Schlafsack Liebe macht Ärger oder Pünktchen und Anton in den Flegeljahren Ich bin nicht einsam. Ich bin allein. Einsam ist man in der Masse", denkt Kenny. Er beobachtet aus der letzten Reihe im Bus den Hinterkopf eines Mädchens. Ihr kurzes Haar gefällt ihm und er fühlt sich auf eine merkwürdige Weise extrem zu ihr hingezogen. In seinen Gedanken befiehlt er ihr, sich umzudrehen. Aber sie zeigt ihm nur den kahlen Kopf. Dafür hasst er sie. Er hasst sie alle. Jedes einzelne dieser aus gutem Hause stammenden, wohlbehüteten Glücksschweine. Dann richtet er den Blick wieder auf das Mädchen. Klarer Fall: der rasierte Schädel als Protest gegen die Eltern. Trotzdem ist sie anders als der Rest. Unerwartet dreht sie für einen kurzen Moment den Kopf und sieht ihn direkt an. Er hat das Gefühl, seinen Schwanz stünde ihm im Gesicht. Verraten! Er kennt sie. Oder besser das, was über sie geredet wird: reich und unerreichbar, chronisch unglücklich und lesbisch. Aber wer weiss das schon. Kenny betrachtet sie als "unbekannte Grauzone" und ist sich nicht sicher, ob er sie überhaupt attraktiv findet. Aber irgend etwas hat sie ... Was für ein Paar: Junie, die Tochter reicher Eltern, und er, der Sohn eines Säufers und einer nervenkranken Mutter. Sie stürzen sich Hals über Kopf in eine Beziehung. Anfangs geht es nur um Sex, aber bald wird das, was sie aneinander fasziniert, die Andersartigkeit, besonders für Kenny zum Problem. Er fühlt sich minderwertig und kommt sich ständig verarscht vor. Wenn Junie ihn zum Essen in einem teuren Restaurant einlädt, unterstellt er, dass sie sich über ihn und sein unbeholfenes Auftreten lustig machen will. Für beide wird die Beziehung so zu einem ständigen Kampf. Und Kenny ahnt von Anfang an, dass er der Verlierer sein wird. Trotzdem ist seine grösste Angst die, sie zu verlieren. Eigentlich verabscheut Kenny sein ganzes Leben. Er haut zusammen mit Junie ab. Sie fahren quer durch das Land, ohne eine Vorstellung davon zu haben, was aus ihnen werden soll. Und natürlich wird nichts aus ihnen. Zehn Jahre später blickt Kenny auf diese Zeit zurück. Damals, als 17jähriger, dachte er, die Beziehung mit Junie sei eine Übungsrunde gewesen; eine Vorbereitung auf etwas Grösseres und Besseres. Jetzt ist er siebenundzwanzig - und etwas Besseres als Junie ist ihm nicht passiert. Sie ist immer noch in seinem Kopf. Er will sie wiedersehen. Into the great wide open wird im Rückblick und aus der Sicht Kennys erzählt, gefühlvoll, brutal und etwas gehetzt. Am Ende sitzen Junie und Kenny auf einem Schlafsack und wissen immer noch nicht, wie's weitergehen soll. Das Buch ist auch so. Kathleen Wächter
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Kevin Canty: Into the great wide open Aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren. Rowohlt, Reinbek 2000. 319 Seiten. |