JUGEND In zwei Welten Der Roman einer jungen Araberin Als der Vater sein erstes Kind unter dem Namen "Nidal" (Kampf) eintragen ließ, war er noch der festen Überzeugung, einen Sohn bekommen zu haben, ohne das Kind gesehen zu haben. Ein Fehler, den er nur einige Minuten später durch das Anhängen eines weiblichen, besitzanzeigenden "i" korrigierte. Hätte er damals schon gewusst, dass Nidali ("unser Kampf") ihrem Namen alle Ehre machen würde, hätte er sich vermutlich anders entschieden. Kurz nach ihrer Geburt ziehen Nidali, ihr palästinensischer Vater und ihre griechisch-ägyptische Mutter nach Kuwait. Dort geht Nidali auf eine englische Schule, damit sie es später einmal besser hat. Sie soll eines Tages ihren Doktor in Literatur machen. Ihre Mutter erzählt ihr Geschichten von früher, wie sie und ihr Vater sich kennenlernten und wie sie in die USA gingen. Nidali liebt diese Geschichten. Der Vater gewährt ihr kaum Freiheiten, was sie trotz seiner Schläge und Tritte nicht davon abhält, sich zu widersetzen. Als der erste Golfkrieg Kuwait erreicht flieht die Familie nach Ägypten. Randa Jarrar erzählt in ihrem ersten Roman Weiße Lügen von ihrer eigenen Jugend. In Kuwait aufgewachsen, emigrierte sie nach dem ersten Golfkrieg in die USA und lebt heute in Ann Arbor. Sie studierte Orientalistik und Literaturwissenschaft und wurde mehrfach für ihre Prosatexte ausgezeichnet. Mit witzigem und lebhaftem Erzählstil lässt sie ihre Protagonistin berichten. Oft könnte der Kontrast zwischen der arabischen und westlichen Welt nicht größer sein, dennoch hat die junge Nidali ähnliche Ängste und Träume wie westliche Jugendliche. Spannungsgeladen und temperamentvoll erzählt Weiße Lügen eine Geschichte über Heimatgefühl, das Leben in zwei Kulturen und den Wunsch nach Freiheit. Janne Hiller
Randa Jarrar: Weiße Lügen Aus dem Amerikanischen von Martin Ruben Becker. Hoffmann und Campe, Hamburg 2009, 320 S., 14,99
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