ZEITREISEN

Kurze Sprünge

Der Haken an der Weltformel

Irgendwo zwischen Relativitäts- und Quantentheorie liegt die geniale Formel des Wissenschaftlers Cliehm, durch die das menschliche Wissen neu definiert werden müsste. Die Sache hat nur einen Haken: In einer Herbstnacht entdeckt Cliehm einen gravierenden Fehler, der alles zunichte macht. Er beschließt, seinem Dasein im fernen Portugal ein Ende zu setzen. Dort macht er, gerade noch rechtzeitig, eine zweite Entdeckung: Er, Cliehm, ist in der Lage, durch die Zeit zu reisen und Ereignisse zu manipulieren bevor sie geschehen, aber auch neue Situationen herbeizuführen. Wie im Rausch verliert sich Cliehm immer mehr in diesen Zeitsprüngen und gerät nach einer Weile in gewisse Bedrängnis, da er gleichzeitig die Beziehungen zu zwei Frauen aufrecht erhalten und sich eines unliebsamen Kollegen entledigen muss. Die für den Leser manchmal sehr abstrakte Reise zwischen Cliehms Realitäten bezaubert durch ihre innere Logik, die trotz der langsam zur Gewissheit werdenden Vermutung, dass der Forscher alles nur in seinem verschrobenen Geiste erlebt, überzeugend anmutet. So kann sich der Held manche Probleme, Begabung hin oder her, nicht vom Hals halten und bleibt in allem sehr menschlich. Michael Wallner hat einen Roman geschrieben, der Intellekt und Fantasie des Lesers herausfordert und der nicht nur für Physiker überaus spannend ist.
Julika Pohle
Michael Wallner: Cliehms Begabung. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt 2000, 319 S., 39,80 DM