SÄUFER Du Opfer, du! Ein Trinkerleben und Deutschland Oliver Uschmann ist kein Unbekannter in der deutschen Literaturszene. Mit seinen ungewöhnlichen "Hartmut"-Romanen schubste er ab 2005 die üblichen Bestseller-Autoren von ihren Plätzen. Nun legt er eine bittersüße Geschichte vor, die zwar viel Weisheit, aber auch eine Menge Kitsch enthält. Nicht weit vom Stamm ist die Story des Totalversagers Sven Lechner, der scheinbar alle Chancen auf ein seriöses Leben verspielt hat. Mit seinen Kumpels zieht er, meist besoffen, durch die Straßen seiner Heimatstadt. Er pöbelt Leute an, sucht fortwährend Streit und hört präpotente Ghetto-Musik. Gern beschimpft er andere als "Du Opfer!" und verachtet sie für ihre Schwäche. Was er aber wirklich hasst, ist die satte Selbstgefälligkeit der Großverdiener; und als Sohn eines berühmten Schriftstellers weiß er genau, was er da verabscheut. Allerdings wird schnell klar, dass Sven selbst ein "Opfer" ist, einer, der vor seiner Verantwortung davonläuft und im Selbstmitleid ertrinkt. Einziger Halt in dieser Suff-Existenz ist Svens kleine Schwester Lina, die er abgöttisch verehrt. Als diese auf einer Australienreise in ernsthafte Gefahr gerät, muss Sven reagieren und sich seiner größten Angst stellen: der Verantwortung für sein Handeln. Was als interessante Geschichte beginnt, endet leider mit zuviel rosarotem Happy End. Man kann sich den Roman allerdings als modernes Märchen vorstellen, und dann gut mit dem Schnulzen-Brimborium leben. Sybille Lengauer
Oliver Uschmann: Nicht weit vom Stamm. Script5, Bindlach, 2011, 528 S., 14.95
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