GOTT & CO.
Kopfkratzen Martin Urban glaubt was Martin Urban, dem bibelfester Physiker und langjährigen Leiter der Wissenschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung, geht es darum, den wuchernden christlichen Fundamentalismus einzudämmen. Kirchlich organisierter Glaube erscheint ihm unvernünftig und verbessert weder das Leben noch das Weltverständnis. Papst Ratzinger kann nicht mal Kant richtig zitieren, die Bischöfe verstehen ihre kritischen Theologen nicht, und die Bibel kann nur so recht haben wie ein Sonnenuntergang oder ein Gedicht. Besonders wettert Urban gegen das "Intelligente Design", die pseudo-wissenschaftliche Theorie, die auch in deutsche Schulen einsickert. Deren Argument geht so: Wenn man eine kaputte Uhr findet, kann man daraus schließen, dass es einen Uhrmacher gab - also folgt aus Dinosaurierknochen, dass es einen Sauriermacher gibt. Selbst wenn das logisch wäre (was es nicht ist), kommt man von da nicht in den Himmel oder zu einer Kirche. Ein zweiter Ansatz ist die Hirnforschung. Die fand heraus, dass Menschen schon biologisch einfach glauben müssen. Vom Eindruck des blauen Himmels bis zur Hoffnung auf den Lotto-Treffer macht sich der Mensch ein Bild von der Welt, das locker mit der Wirklichkeit zusammenhängt. Zweifel und die gemeinschaftliche Anstrengung von Argument und Widerlegung führen dann zur Wissenschaft, die vielleicht näher an die Wahrheit kommt, auf jeden Fall aber klug macht. Urban selbst glaubt lieber an einen menschenfreundlichen Jesus als an Kirchenbeamte, die Homosexualität zur Sünde erklären und dann über Bahnhofsstricher stolpern. Er propagiert einen "aufgeklärten Glauben", der Zweifel zulässt und "Wissen" schätzt. Schön. Andererseits: Wenn "Glauben" ein Geisteszustand ist, wie sollte "Wissen" dann keiner sein? Man lernt das Zweifeln nicht schon deshalb, weil US-Wissenschaftler mit Kirchengeld herausfanden, dass Beten nicht gegen Krebs hilft. Und man bewahrt seinen Glauben nicht, weil es ein paar kluge Theologen gibt. WING
Martin Urban: Wer leichter glaubt wird schwerer klug. Wie man das Zweifeln lernen und den Glauben bewahren kann. Eichborn, Frankfurt 2007, 250 S., 19,95 |