FRAUEN Allein in den Bergen Susanne Scholl erzählt Geschichten aus Tschetschenien Bergvölker sind immer seltsam. Das gilt für Bayern so wie für Tschetschenen, die beide nach eher fundamentalistischen Regeln leben. Die Österreicherin Susanne Scholl ist für ihr buch Töchter des Krieges in die Berge gefahren und hat sich erzählen lassen, wie es ist, als Frau in einem Kriegsgebiet zu überleben, in dem beide Kriegsparteien mit äußerster Brutalität vorgehen. Wie zu erwarten, sind kapitelweise erschütternde und traurige Geschichten zu erfahren, die seltsamerweise teilweise in den 40er Jahren spielen, als die Tschetschenen von Stalin deportiert wurden. Scholl gibt vermeintlich nur die Geschichten der Frauen wieder, aber ihr Buch liest sich so, als sei die alte Feindschaft zwischen Russen und Tschetschenen mindestens seit damals "natürlich", ausgelöst durch den von Paranoia geprägten Terror Stalins. Dass Frauenraub in den Bergen weiterhin üblich ist, dass eine Frau einen fremden Mann niemals ansprechen darf - solcherlei ritualisierte Repression findet Frau Scholl auf den ersten Blick erstaunlich. Auf den zweiten hingegen meint sie zu erkennen, dass gerade diese Strenge den Frauen hilft, ihre Würde zu bewahren. Der Gedankengang wird im Buch halbwegs schlüssig präsentiert. Außerhalb des Buches riecht er ein bisschen, zumal Frau Scholl Ursachen und Geschichte der letzten zwei Tschetschenien-Kriege nur streift und sich ganz auf die Küchengespräche konzentriert, die sie während ihres Besuches führen durfte. Erich Sauer
Susanne Scholl: Töchter des Krieges. Überleben in Tschetschenien Molden, Wien 2007, 198 S., 19,90
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