STAR TREK POLITIK VON MORGEN In Kino und TV am Ende, führt »Star Trek« als Buchreihe wieder ein interessantes Eigenleben Seit einiger Zeit erscheinen Romane um Captain Picard oder die Jungs und Mädels von Deep Space Nine nicht mehr im Heyne Verlag (dem einstmals größten deutschen SF-Verlag) sondern beim Branchenwinzling CrossCult, der eigentlich auf edle und teure Comic-Ausgaben spezialisiert ist. Die Trek-Romane, solange sie bei Heyne erschienen, waren nicht nur eine Ergänzung zum Merchandizing. Einige durchaus prominente SF-Autoren lieferten hier Romane zum Trek-Universum ab, die zum Teil recht eigenwillig die bekannten Figuren interpretierten, die bekannten Handlungslinien aber niemals verließen. Seit es mit Star Trek in TV und Kino vorbei ist, können die Autoren die große Sage ohne die Beschränkung der Bild-Medien fortführen. Was dort in Reihen wie Titan (Riker hat endlich sein eigenes Kommando) oder Next Generation fortgeführt wird, erfindet nicht gerade die SF neu, aber es rüttelt das Trek-Universum ziemlich durch. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet der Präsident der Föderation der Planeten heimlich einen irren Diktator mit Waffen versorgt und dann, als der damit auf Klingonen schießt, alles vertuschen will? Wer hätte gedacht, dass Remaner, die vergessenen Brüder der Romulaner, bei der Föderation um Asyl bitten? Und dass die Klingonen sich zu ihrer Schutzmacht erheben? Die Handlung spielt direkt nach dem letzten "echten" Trek-Film Nemesis, (der wirklich letzte Film zählt nicht, weil er das Trek-Universum von Anfang an neu erfindet), Data ist tot, die Dominion-Kriege gehen dem Ende entgegen. Und wenn sonst nichts droht, wissen wir inzwischen, stehen immer mal wieder die Borg vor der Tür, die fiesen Messis des Universums, die nie was wegwerfen können und alles inkorporieren. Einen ungewöhnlichen Blick auf diese neue Entwicklung (und als Einführung gut geeignet) ist der dicke Roman Die Gesetze der Föderation von Keith R.A. DeCandido. Der schildert nichts weiter als die Arbeit der neuen Föderationspräsidentin Nanietta Bacco und geht dabei sozusagen kaum vor die Tür: Ein Jahr lang beschreibt er Intrigen, Gremiensitzungen, Verhandlungen, Deals - wie Politik eben so dargestellt wird. Das geht nicht immer ohne massiven Klischeeeinsatz ab (die menschliche Vorliebe für Baseball im Trek-Universum sollte langsam als Kriegsgrund in die Statuten aufgenommen werden), und manchmal liegt ein sterbenskrankes Kind darnieder, und die Hohe Politik muss sich darum kümmern, es zu retten. Im Großen und Ganzen kommt der Roman aber ohne Sentimentalitäten aus und bemüht sich, die Arbeit in einer Art Planeten-UNO zu beschreiben, in der es Weise und Irre, Karrieristen und Intriganten gibt - wie im richtigen Leben. Aus weiter ferne hörten wir von explodierenden Planeten, sich in den Tod stürzenden Raumschiffkommandanten und Feuergefechten im romulanischen Imperium. Aber direkt dabei sind wir nur, wenn die Politiker der Völker versuchen, den Schlamassel, der da draußen immer wieder entsteht, zum Vorteil aller wieder in Ordnung zu bringen. Und damit meistens den nächsten Schlamassel in Gang setzen. Wie im richtigen Leben. Bei aller Sympathie ist aber nicht zu übersehen, dass sich die Reihe vorwiegend in den Untiefen der Trivialliteratur bewegt. Für die neue dreiteilige Reihe Star Strek: Destiny durfte David Mack den ersten Band Götter der Macht schreiben, in dem es vorwiegend gegen die Borg geht. Da qualmen nicht nur die Photonentorpedos im Dutzend, da gibt es auch Sätze wie diesen zu genießen: "Überall auf der Brücke sah er angespannte Schultern und Kiefer". Alex Coutts
Keith R.A. DeCandido: Die Gesetze der Föderation. Ins Deutsche übertragen von Anika Klüver. 453 S., 14,-David Mack: Star Trek Destiny 1: Götter der Macht. Ins Deutsche übertragen von Stephanie Pannen. 421 S., 12,80. Beide CrossCult /Amigo Grafik, Ludwigsburg 2010
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