Totenschau

Morbides Wissen

Kathy Benjamin weiß, wie auf der Welt gestorben wird

Der Tod hat gerade Konjunktur, in den Humorregalen der Buchläden findet man eine Unmenge an Bänden, die sich mit dem in unserer Gesellschaft angeblich totgeschwiegenen Thema auseinandersetzen. Da reiht sich Buch an Buch im witzigen Schwarz-Weiß-Cover. Auch Kathy Benjamin hat sich den Tod vorgenommen und dabei eine Sammlung an Ritualen, Anekdoten und Merkwürdigkeiten zusammengestellt, die dem Titel Begräbnisse zum Totlachen. Die durchgeknalltesten Bestattungen aller Zeiten natürlich nicht immer gerecht werden, aber eine Nummer kleiner würde ja niemand mehr wahrnehmen.

Herausgekommen ist trotzdem eine interessante Sammlung von kurzen Geschichten rund um das Thema Begräbnis und Totenrituale. Wir lernen, dass im viktorianischen England die postmortale Fotografie immer beliebter wurde, weil sich die Mittelschicht kein Gemälde vom Verstorbenen leisten konnte. Ein Foto war billiger. Und das Problem, dass Lebende durch ihre Bewegungen ein Foto schnell mal unscharf machen konnten, hatte man mit den Toten nun wirklich nicht. Ein Event neuerer Zeit ist die Trauerfeier zu Lebzeiten. Da wird alles einmal so durchgespielt, wie der "Verstorbene" es gerne hätte, Reden werden auf ihn gehalten, lecker Butterkuchen wird verteilt, es herrscht eine ganz besondere Stimmung, und man kann sich auf Erinnerungsfotos immer wieder anschauen, wie schön es einst sein wird, wenn man endlich das Zeitliche gesegnet hat.

Kathy Benjamin hat sich mit vielen Kulturkreisen beschäftigt und fragwürdige genauso wie zum Schmunzeln anregende Rituale in ihrem Buch vereint. Das liest sich schnell weg, die Geschichten verzichten auf allzu viel Hintergrundwissen, ihre wahre Bestimmung ist es wohl, als Kurzinfo im Gedächtnis hängenzubleiben, um auf Partys die Stimmung ein bisschen in die Richtung "schwarzer Humor" zu navigieren. Angereichert werden die kurzen Texte mit Zitaten von Prominenten, die sich zum Thema äußern: "Das Gute an den Toten ist, dass sie für Platz sorgen.", schön gesagt von John Updike. Gestorben 2009.

Sacha Brohm

Kathy Benjamin: Begräbnisse zum Totlachen. Die durchgeknalltesten Bestattungen aller Zeiten. Aus dem Amerikanischen von Dieter Fuchs, Tropen, Stuttgart 2014, 206 S., 16,95