Geschichte Die Tochter des Herrn K. Eine Frau verschwindet im Brasilien der Militärs Obwohl seit längerem mit einer eher linksorientierten Regierung gesegnet, hat eine Aufarbeitung der Verbrechen des brasilianischen Militärregimes Anfang der 70er Jahre nie stattgefunden. Dabei war das dortige Militär nicht weniger brutal und skrupellos als es ihre uniformierten Kollegen in Chile oder Argentinien waren. K. oder die verschwundene Tochter erzählt in Romanform von dem plötzlichen Verschwinden einer Universitätsdozentin, der Tochter des jüdischen Schriftstellers "K.", der sich fortan auf die Suche macht: Wo ist seine Tochter? Wer hat sie entführt? Lebt sie noch? Auf diese Fragen wird er im Laufe seiner Suche keine Antworten erhalten. Es gibt nur sich verdichtende Vermutungen. Zunächst entdeckt der jüdische Schriftsteller K., dass seine Tochter verheiratet war und ihr Mann auch verschwunden ist. Er, der einst aus Polen vor den Nazis floh, muss feststellen, dass die ihre Mordopfer wenigstens katalogisiert hatten und es Nachrichten über den Verbleib der Opfer gab. In Brasilien verschwinden Menschen einfach und tauchen nie wieder auf. Der Stimme des Schriftstellers K. gesellen sich Kapitel für Kapitel weitere Stimmen hinzu. Da erzählt ein Spitzel, wie er seine Genossen verriet. Ein Polizist gibt Anweisungen, für K. falsche Spuren zu legen. Eine freundliche Hure berichtet von einem Folterkeller, in dem sie arbeiten musste. Immer wieder wird diese fortschreitende, aber sich nicht entwickelnde Geschichte von der Stimme des Vaters unterbrochen, dessen Leben in Trümmern liegt. Kinder sollten ihre Eltern begraben, denkt er, nicht umgekehrt. Der jüdische Schriftsteller Bernardo Kucinski hat für diesen beklemmenden Roman das Schicksal seiner Schwester zum Vorbild genommen, deren Bild auf dem Cover der deutschen Ausgabe zu sehen ist. "Alles in diesem Buch ist erfunden, doch fast alles ist geschehen", steht auf dem Vorsatzblatt. Bernardo Kucinski: K. oder die verschwundene Tochter. Aus dem brasilianischen Portugiesisch von Sarita Brandt. Transit, Berlin 2013, 144 S., 16,80
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