SEITENSPRUNG

Beas Verdacht

Unbedarfter 19-Jähriger stolpert ins Erwachsenenalter

Wie viele Seiten hat dieses Ding eigentlich? Sieben? Mann, ist das ätzend. Was steht da? Kapier ich nicht. Das kann ich überspringen, wird schon nicht so wichtig sein ... Der 19-jährige Paul kämpft mit seinem ersten Mietvertrag. Nichts gegen ein von den Eltern unkontrolliertes Leben. Doch wer hätte gedacht, dass der Weg dahin mit derart komplizierten Schriftstücken gepflastert ist? Geduld gehört nicht zu Pauls stärksten Eigenschaften, Anstrengungen weicht er lieber aus. Also was soll's: Augen zu und unterschreiben.
Glücklicherweise braucht Paul sich nicht allzu oft mit solchen Dingen zu quälen. Schließlich hat er seine Bea. Die gleichaltrige Freundin gibt in der nun zweijährigen Beziehung den Ton an. Sie erzieht Paul dezent nach ihren Vorstellungen um, trifft die wesentlichen Entscheidungen und behält meist das letzte Wort. Beas schwache Seite ist die Eifersucht: Dass zu Pauls neuer WG auch Studentin Holly gehört, macht Bea schwer zu schaffen.
Paul schwört natürlich ewige Treue. Zugegeben, im Gedanken nennt er die attraktive Holly längst Heißhochhundert, doch das sind eben nur Gedanken, und Bea weiß es ja auch nicht. Nein, Paul würde die Partnerschaft niemals aufs Spiel setzen. Derartige Beteuerungen gehen ihm leicht über die Lippen, so lange es utopisch erscheint, bei Holly landen zu können. Doch es ist nicht utopisch ...
Temporeich setzt Jochen Till ein Beziehungsdrama in Szene, dessen Hauptakteure so überzeugend getroffen sind, dass man sich trotz aller Macken sofort mit ihnen identifiziert. Besonders gelungen sind die gleichwohl hitzigen wie witzigen Wortgefechte zwischen Paul und Bea. Jedes Wort zwischen den beiden wirkt authentisch. Lediglich manche Nebenfigur ist etwas überzeichnet, was aber den außerordentlichen Lesegenuss nicht schmälert.
Udo Bartsch
Jochen Till: Bauchlandung. Ravensburger, Ravensburg 2004, 264 S., 12,95 ISBN: 3473352470