AMERIKA

Monster, Mütter, Mohikaner

Lauren Groff erfindet die USA als Familiengeschichte

Dass man für den rechten Genuss James Fennimore Cooper kennen sollte, den Karl May Amerikas, steht im Vorwort der Autorin. Dass man auch den frühen Ray Bradbury mögen kann, steht hier. Mit dem ersten Satz in ihrem ersten Roman fängt Lauren Groff aber sicher noch ein paar Leser mehr: "An dem Tag, als ich, knietief in Schande, nach Templeton zurückkehrte, tauchte im Flimmerspiegelsee der über fünfzehn Meter lange Kadaver eines Ungeheuers auf."

Willie Upton kehrt zurück, eine Archäologiestudentin, unklar schwanger, die ihr wildes modernes Leben im Haus der Familie wieder erden will. In dem wohnt ihre Mutter, ein Ex-Hippie, die ihre Tochter angeblich von drei Vätern aus einer 70er-Kommune hat. Und schon ahnt jeder, dass das plötzlich aufgetauchte Ungeheuer eine Metapher ist und dass Willie Vergangenheit, ja Urzeit aufarbeiten wird; nationale, familiäre und literarische.

"Templeton" ist das literarische Double von "Cooperstown", erfunden von James Fennimore Cooper, dem Sohn des Stadtgründers. Groff stammt aus Cooperstown und hat viel Vergnügen daran, ihr literarisches Double Willie über mehrere Stammbäume mit dem Ahnen zu verbinden. Irgendwie scheint Willie väter- und mütterlicherseits mit dem Herzen Amerikas verwandt, irgendwie haben auch Coopers Romanfiguren und George Washingtons Sklavin ihre Gene in dem frechen Mädchen.

Lauren Groff mixt Fakten und Fiktionen, Naivität und Intertextualität und setzt einerseits darauf, dass wir die Tricks erkennen, andererseits, dass ihre Figuren dass nicht merken. Das ist das Dilemma des Creative Writings, dem Lauren Groff anhängt. Sie findet jede Menge Monster in Templeton und in der Vergangenheit, sie protzt mit Indian Summer-Kitsch und Lederstrumpfzitaten, und am Ende stellt sich das neue Amerika als Scheinschwangerschaft heraus. Das einsame Monster aus dem ersten Satz hat ein Baby und Willie wird erwachsen.

wing
Lauren Groff: Die Monster von Templeton. Aus dem Englischen von Judith Schwaab. C. H. Beck, München 2009, 507 S., 22,90