JENSEITS
Unterm Eis
Ein Virus entvölkert die Erde
Es war einmal eine Aufsehen erregende Kurzgeschichte des jungen Autors Kevin Brockmeier. Jetzt ist sie das erste Kapitel seines Romans, dessen Filmrechte er noch vor dem Erscheinen an Chris Columbus verkaufen konnte. Die Idee geht so: es gibt eine Stadt im Jenseits, in der alle Menschen nach ihrem Tod leben. Allerdings nur die, an die sich noch ein lebender Mensch erinnert. Die Stadt ist unüberschaubar groß und mancher verbringt dort Jahrzehnte geruhsamen Nachlebens, besucht sonntags die tote Oma und tut unter der Woche, was er immer tat, oder was er immer schon mal tun wollte.
Nun aber berichten Neu-Ankömmlinge Schreckliches: Auf der richtigen Erde wütet ein Virus, Menschen sterben zu Millionen, die Stadt der Toten wächst und wächst. Dann entleert sie sich rasant, weil kaum noch Menschen zum Erinnern übrig sind. Ende der Story, Beginn des Romans.
Ein zweiter Handlungsstrang begleitet Laura Byrd durch die Antarktis. Sie ist die letzte Überlebende einer PR-Expedition, mit der Coca Cola Polarwasser auf seine Eignung für Soft-Drinks testen will. Fast wie in einem Öko-Thriller decken Laura hier und die Toten dort das Rätsel des Virus beinahe auf.
Viel mehr interessiert sich Kevin Brockmeier für Alltags-Episoden am Rande der Katastrophe und für darin plötzlich aufreissende tiefe Betrachtungen über das Leben und Sterben. Ein durch Todesdaten getrenntes Ehepaar findet wieder zueinander, Laura irrt monatelang übers Eis, und unter jedem Schritt lauern unzählige Erinnerungen.
Die machen den Roman aber nicht rund. Der Film wird Mühe haben, aus der konsequenten Auslöschung der Menschheit ein ordentliches Drama zu machen. Es gibt keinen Schluss, es hört einfach auf. Und man ist gar nicht traurig darüber.
WING
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