KÖRPER
Post-Porno
Die Sex-Performancerin Annie Sprinkle
Nachdem sie ungefähr 150 Porno-Filme gedreht hatte, erkannte Ellen Steinberg - inzwischen als "Annie Sprinkle" bekannt - dass ihr Sex vor der Kamera zwar Spaß macht, die Filme, die dabei entstanden aber eher erbärmlich waren.
Die Antwort auf schlechte Pornos ist nicht "kein Porno" sondern "bessere Pornos" - mit diesem Credo reist Annie Sprinkle seit Jahren als Missionarin, Performance-Künstlerin, Sex-Workerin und Hure mit Herz durch die Welt, um in Filmen, Bühnenshows und Vorträgen im wesentlichen eine Botschaft zu präsentieren: guter Sex macht Spaß und führt zum Weltfrieden.
Ihre Shows sind Porno und Parodie zugleich, sie zeigt ihre alten Filme per Videoeinblendung auf der Bühne und kommentiert sie. Sie fragt das Publikum "Wollt ihr mich nackt sehen?" - und drückt dann einem Mann eine Lupe in die Hand, damit er detailliert ihre Genitalien betrachten kann. Und ihr "Busen-Ballett" ist inzwischen Legende.
Das alles ist schon ein bißchen her, Annies Live-Shows fanden vorwiegend in den 90ern statt, inzwischen ist sie in freundliche und offensichtlich fruchtbare Diskussionen mit jüngeren Feministinnnen verwickelt, die nicht so recht wissen, in welche Schublade sie diese fröhliche und kluge Sex-Arbeiterin stecken sollen (Sprinkle, toternst, über die Feministin Andrea Dworkin: "Sie ist eine hervorragende Performance-Künstlerin").
Hardcore von Herzen gibt einen kleinen Einblick in Leben und Werk von Annie Sprinkle, es gibt kurze Transkripte ihrer Bühnenshows, Aufsätze von Sprinkle und ihren Freunden und einige Interviews und Gesprächsmitschnitte, darunter eine Diskussion, die sie mit einer unbedingten "PorNo!"-Anhängerin führt. Dort erfährt man am meisten über Annies Charme, Klugheit und Wärme: am Ende des für beide Seiten aufschlußreichen Gesprächs, das keineswegs in Übereinstimmung endet, umarmen sich die beiden Frauen.
Alex Coutts
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