WIRTSCHAFTSKUNDE
Money Talks
Ein Schriftsteller und ein Siemens-Manager über "Sprache in der modernen Wirtschaft"
Als ich Burkhard Spinnen das letze mal begegnete, verstanden wir beide unter Wirtschaftssprache noch "Helga, zwei Halbe", und wir meinten Hähnchen damit. Später wurde er Schriftsteller, begann, für Geld und Gaudi Management-Ratgeber zu rezensieren (die meisten verriss er), wurde zum Juror beim Klagenfurter Bachmann-Preis berufen und bekam für sein letztes Buch Literatur- und Wirtschaftspreise zugleich. Der schwarze Grat erzählte davon, wie ein schwäbischer Unternehmer einem Schriftsteller seine Biographie erzählt, und handelte davon, wie ein gelernter Akademiker die Tatsachen des Lebens kennen lernt.
Zusammen mit dem Eberhard Posner, Leiter der "Unternehmens-Kommunikation" bei Siemens, schrieb Spinnen nun Klarsichthüllen - ein Dialog über Sprache in der modernen Wirtschaft. Der Untertitel wäre mit "Sprechen" allerdings genauer formuliert gewesen, oder mit "Kommunizieren". Und der Dialog ist eher ein Abwechseln kleiner Themen-Kapitel.
Die typisch nörgelige Sprachkritik an "hohlen Phrasen" und Fachwort-Geklingel (Change Management, Corporate Gouvernance) etwa ist schnell erledigt. Der Schriftsteller widmet sich lieber dem Gerede vom Aufstieg der Wirtschaft zur Ersatzreligion nach dem Ende aller Ideologie - und der Pressesprecher besteht darauf, "Ehrlichkeit" sei auch im Wirtschaftsleben nicht nur Tugend, sondern auch Taktik. Der Kleinstunternehmer Spinnen rechtfertigt dann wieder mit sehr leiser Ironie exorbitante Managergehälter (weil die bedauernswerten Exekutoren des Share-Holder-Values nicht mehr für Ruhm oder das große Ganze arbeiteten, könnten sie ja nur noch zum Gelde drängen) - und der Konzern-Kommunikator hält Hauptversammlungen für unnötige, teure Profilierungs-Events der Kleinteilhabeer. Wohlerzogen neugierig zupft der Autor am Manager, tief verantwortlich korrigiert der Laien-Irrtümer )ausser Klaus Esser könne sich kaum wer von Abfindungen zur Ruhe setzen) und langsam verschwimmen traditionelle Fronten, an denen ein Schriftsteller automatisch den puren Verwertungszusammenhang als unmenschlich tadeln, und ein Konzern-Knecht den Profit als allein selig machend hoch halten muss. Sozusagen in Sektlaune ist man sich einig, dass Wirtschaft ein interessantes Feld ist, dass die Intelligenzija vom Vorstandswesen was lernen kann, und dass "Eberhard Posner genau weiss, worüber er lieber nicht redet". So blitzt am Ende Spinnens Ironie noch einmal durch.
Aufregender kann ein Buch nicht sein, wenn es in einer Schriftenreihe erscheint, mit der Siemens Kultur udn Wirtschaft zusammenbringen will.
WING
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