POP PUR

Kiez- Geschichten

Ein Roman voller Wehmut, Weltschmerz und Ironie

Ich befürchte, ich bin wach. Blicke auf eine Bierflasche, in der zwei Kippen schwimmen und ein Käfer." Das sind die großartigen ersten zwei Sätze des genauso großartigen Romans So was von da von Tino Hanekamp. Es geht um den 23-jährigen Oskar Wrobel, der auf der Toilette Marc Aurel liest und gemeinsam mit seinem Freund Pablo einen Club an der Reeperbahn betreibt. Heute ist der letzte Tag, denn das Gebäude soll abgerissen werden und Platz machen für Neubauten. Doch wie so viele kreative junge Menschen, die einen Club eröffnen, um Freiraum für alternative Kultur zu schaffen, haben auch Oskar und Pablo "vergessen genügend Geld zu verdienen", während sie "der Welt den besten Club aller Zeiten schenkten."

Deshalb haben sie eine Menge Schulden, dummerweise auch bei Kiezkalle, der bis zum nächsten Morgen sein Geld zurückhaben will. Mindestens genauso stark wie die Existenzangst plagt Oskar der Liebeskummer. Seit er keinen Kontakt mehr zu Mathilda hat, denkt er jeden Tag an sie. Und dann sind da noch Nina, die alles schwarz anmalt, Rocky, der seine Karriere als Rockstar beendet, der tote Elvis und die Senatorin und "Reinkarnation des Bösen".

Tino Hanekamp, der als Musikjournalist arbeitete und den legendären Hamburger Club "Übel & Gefährlich" betreibt, hat mit So was von da 285 Seiten grandiose Popliteratur geschrieben. Die Sprache steigert ihr Tempo mit Oskars zunehmendem Stress und Drogenkonsum. Neben der Situationskomik, dem Wortwitz, der perfekt eingefangenen Atmosphäre des Hamburger Kiez und den obligatorischen Songzitaten gibt es jede Menge ironisierter Sozialkritik. Der polnische Tänzer im Stringtanga ist eigentlich Arzt, und einer der harten Jungs der Antifa, die "Armee gegen Kiezkalle", fragt, wie lange sie denn noch warten müssen, weil "mein Babysitter bleibt nur bis fünf."

Dieser Roman ist so was von cool!

Janne Hiller
Tino Hanekamp: So was von da. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2011, 285 S., 14,95