Schwermut

Tod, Musik und schlechte Laune

Dietmar Sous beschreibt eine Familie, der etwas fehlt

Der Erzähler in Sweet about me führt ein fast perfektes Leben. Mit seiner Frau Betty und seiner Tochter Maya fährt er in die Herbstferien nach Holland. Alles normal, alles gut. Bis auf die Tatsache, dass Tochter Maya ihm das Leben schwer macht. Sie hört die "falsche", weil kommerzielle Musik, was ihn als altgedienten Musikkritiker natürlich stört. Aber am schlimmsten: Wie soll ein Mann, Mitte 50, darauf reagieren, wenn ihn seine Tochter als Memme beschimpft? Es kommt zum Streit, Maya rennt weg, wird von einem Auto angefahren und stirbt später. Das normale Leben ist vorbei.

Im Laufe des Romans beschreibt Dietmar Sous, wie der Erzähler und seine Frau versuchen weiterzumachen. Sie kaufen sich eine Wohnung und bemühen sich darum, eine "neue" Maya in ihr Leben zu holen: Michelle, die eben dieser Maya zum Verwechseln ähnlich sieht und gerne adoptiert werden möchte. Sweet about me, benannt nach dem Lieblingssong von Maya, erzählt eine Familiengeschichte, in der alles auf den Kopf gestellt wird. Die Eltern versuchen weiterzumachen, aber es gelingt ihnen nicht so recht. Betty flüchtet in eine Sekte, der Erzähler hadert mit seiner Jugend, seiner Arbeit, seinem Leben. Das scheint manchmal recht plausibel erzählt, aber die Charaktere kommen einem nie näher. Da ist eine Distanz, die keinen einzelnen Charakter dieses Romans sympathisch dastehen lässt. Vor allem den Erzähler. Warum er Musikkritiker ist, erschließt sich nicht. Das wirkt manchmal ein wenig, als wollte der Autor zeigen, welche Musik er mag. Meistens nerven die Erwähnungen bestimmter Titel nur.

Zum Ende hin bricht der Roman doch noch ein bisschen aus derLakonie aus und wird zu einem Roadmovie. Es bleibt unklar, ob das jemandem helfen wird.

Sacha Brohm
Dietmar Sous: Sweet about me. Knaus Verlag, München 2012, 192 S., 16,99