NATURKUNDE

Sonnenzeit

Dieter Hildebrandt erklärt uns das Licht am Himmel

Der Klappentext hat nur halb Recht, der Untertitel übertreibt etwas. Dieter Hildebrandt, der von Lessing und Pianoforte, nicht der vom Scheibenwischer, schreibt mit Die Sonne nun gerade nicht Die Biografie unseres Sterns, glücklicherweise. Sonst wäre es ein helionomisches Fachbuch und wenig für die Öffentlichkeit geeignet.

Es ist aber ein heliozentrisches Bildungsbuch, eine "komische Kulturgeschichte", in der es sowohl darum geht, wie das Sonnenlicht der Evolution auf die Sprünge half, als auch darum, was Theologen und Astronomen über das Sonnensystem und die Welt im Allgemeinen dachten.

Vom Pharao Echnaton, der den Sonnenkult zur Staatsreligion machte, bis zur Photovoltaik, die wir wohl längst zum Staatskult hätten machen sollen, reicht Hildebrandts Horziont. Der umfasst nicht den ganzen Kosmos, nicht mal alle Fragen zur Sonne werden gestellt oder gestreift ("Warum gibt es Sommerhits?"). Umgekehrt kommt Hildebrandt in einzelnen Kapiteln gern mal schmökernd vom Sonnenwege ab und freut sich an frühen griechischen Philosophen oder mittelalterlichen Astronomen, die an komplizierten Planetensystemen basteln. In denen war die Sonne lange nicht sehr wichtig.

Allmählich aber zeigt sich, dass die Sonne am Anfang vieler großer Ideengeschichten steht, von den Azteken bis zur Aufklärung, und dass Hildebrandt, sozusagen mit Fernrohr und Leselupe, viel über das Licht am Himmel und seine Schatten in uns zu erzählen hat. So wird es dann doch noch eine Biografie "unseres" Sterns.

Wing
Dieter Hildebrandt: Die Sonne. Biographie unseres Sterns. Hanser, München 2008, 390 S., 39,-