Kevin Smith Der lange Abschied Die verfrühten Memoiren eines Verlierers Mit Clerks wurde er zum Liebling der Independent-Szene, mit Dogma schuf er eine der lustigsten Religionssatiren fürs Kino, er war Bestandteil des legendären Komikerduos Jay & Silent Bob, er inszenierte Ben Affleck, Bruce Willis und Seth Rogen - und trotzdem war sein letzter Film Red State ein Flop und erschien in Deutschland nur auf DVD. Kevin Smith, einst Repräsentant der "Miramax"-Kultur (bevor Quentin Tarantino den Job übernahm), hat sich als Regisseur konsequent nach unten gearbeitet. In seinen streckenweise enorm peinlichen Memoiren Tough Sh*t. Ein Fettsack mischt Hollywood auf (Im Original "Tough Sh*t: Life Advice from a Fat, Lazy Slob Who Did Good"; deutsche Titel sind immer wieder ein Grund zur Emigration) erzählt er, warum Miramax-Boss Harvey Weinstein doch kein so toller Kerl ist, warum Zack und Miri machen einen Porno an der Promotion scheiterte, dass Bruce Willis ein fauler Sack und die Jungs bei Warner eigentlich ganz nett sind. Wie seine Filme leiden Smith' stellenweise witzige und interessante Memoiren darunter, enorm schlampig zusammengestellt worden zu sein und offenkundig an entscheidenden Stellen entweder auszublenden oder offenkundig nicht die ganze Wahrheit zu erzählen. Auch hier ein Vorläufer Tarantinos lebt Smith' Kunst von der Auffassung, Genialität sei allemal ein Ersatz für Präzision. Nach zwei Dritteln ist Smith mit seiner Biografie fertig, aber weil er wohl eine bestimmte Seitenzahl abliefern musste, folgen jetzt noch Betrachtungen über Gott und die Welt, peinliche Sexgeschichten mit seiner Frau ("Jen spreizte mit der gleichgültigen Geduld eines Bernhardiners leicht ihre Beine auseinander") und Aufforderungen an den Leser, sein Leben so zu leben, als wär's sein letztes. Vielleicht hätte er seine Filme auch ein bisschen so drehen sollen. Thomas Friedrich
Kevin Smith: Tough Sh*t. Ein Fettsack mischt Hollywood auf. Aus dem Englischen von Daniel Müller. Heyne, München 2013, 336 S., 16,99
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