ZADIE SMITH

Cosby-Show auf Droge

Sex, Rembrandt und unkorrekte Politik

Vor fünf Jahren war Zadie Smith die junge, schwarze britische Hoffnung des Literaturbetriebs. Ihr dickes Debüt Zähne zeigen handelte vom Ende der Welt und begeisterte alle. Ihr zweites Buch, Der Autogrammhändler, bearbeitete Fragen des Ruhms und ging ziemlich unter, während die Autorin in akademischen Zirkeln herumgereicht wurde, kluge Reportagen von überall schrieb und einen englischen Lyriker heiratete. Im Zentrum ihres dritten Romans steht nun eine mit den Jahren dick gewordene und schön gebliebene schwarze Krankenschwester, die ihren Mann, einen weißen amerikanischen Literaturprofessor, bei einem Verhältnis mit einer Dichterin ertappt.
Natürlich ist Von der Schönheit nicht autobiographisch, sondern eine Art linke Bill Cosby-Show im Gewand eines spätviktorianischen Familienromans. Dann wandelt sich das Buch zu einer Studie des universitären Lebens auf beiden Seiten des Atlantiks und versucht, Grundsätzliches zur Schönheit zu sagen. Am Anfang sieht die Ehe des liberalen Professors mustergültig aus. Man ist multikulturell, wählt demokratisch und macht sich nur ein bisschen Sorgen, weil ein Sohn mit Rappern herumzieht und ein anderer mit dem Christentum liebäugelt. Hat die Erziehung versagt?
Der Vater leidet aber mehr darunter, dass sein Buch über Rembrandt nicht fertig wird, in dem er scheinbar nachweisen will, dass Kunst nicht von Künstlern gemacht wird, sondern von den Inhabern der Deutungssysteme. Oder sonst was Dekonstruktives. Dann taucht auch noch sein akademischer Erzfeind auf und hält Vorlesungen darüber, dass Minderheitenförderung und sonstige Errungenschaften der political correctness böse seien. Darf man das zulassen?
Die Verwicklungen auf theoretischer und persönlicher Ebene werden heftiger und verwirrender. Statt aber inhaltliche Fragen im Seminar auszudiskutieren, dichtet Smith ihren Figuren lieber wüste Affären an. Ein Scheidungsdrama, ein Bilderdiebstahl, eine Lolita-Passage ... Zadie Smith kann es einfach nicht lassen, auch noch im größten Durcheinander literarische Anspielungen zu machen.
Andererseits ist Von der Schönheit auch ihr geradlinigster und menschlichster Roman. Die Figuren wachsen einem ans Herz, ihre Schicksale drängen ideologische Einwände zurück. Und die auch in der Übersetzung noch zu ahnenden Unterschiede der Redeweisen von Engländern und Amerikanern, Schwarzen und Weißen, Bildungsbürgern und eher straßennahen Bevölkerungsteilen machen ein pralles Vergnügen.
WING
Zadie Smith: Von der Schönheit. Aus dem Englischen von Marcus Ingendaay. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006, 517 S., 22,90. ISBN: 3462037161