ZADIE SMITH

Zweit-Buch

»Der Autogrammhändler« zeigt den Shooting-Star beim Nachladen

Es ist mit diesem Buch wie mit dem legendären zweiten Album: eigentlich keinem gefällt es so richtig. Zumal das erste, der Roman Zähne zeigen der damals 25jährigen Zadie Smith, schon zum Hit gejubelt wurde als er noch gar nicht erschienen war. Zadie Smith wurde berühmt. Sogar wir lobten sie.

Jetzt hat sie eine Figur geschrieben, die mit dem Ruhm nicht klar kommt, clevererweise aber anderleuts Ruhm. Alex-Li ist ein fanatischer jüdisch-chinesischer Autogramm-Händler, der unbedingt ein Andenken an einen alternden Film-Star haben will, es eines morgens auf dem Küchentisch findet und nicht glauben will, dass er es im Drogenrausch fälschte. Also sucht er die Quelle. Und streift auf dem Weg dahin alle möglichen Sinn-Systeme, von der jüdischen Kabbala zum Buddhismus, von chinesischer Medizin bis zum Reglement des Wrestling-Verbandes. Es geht um das Richtige und das Falsche in allem, und es geht um das Echte im Einzelnen, das Alex-Li nur als Symbol kennt, als Autogramm (genauer "Autograph", wie die Profis dazu sagen).

Irgendwie fühlen sich alle Figuren wie das Remake einer Fernsehserie, sogar ihre müden medienkompetenten Witze zitieren sie aus dem Kino: "Ich bin der Schwarze, ich sterbe bestimmt in der Mitte des Films", sagt einer in der Mitte des Buches. Was Literaturkritiker, die Deep Blue Sea nicht kennen, womöglich für genial halten.

Es wimmelt, Smith-typisch, von Multikultur-Konflikten, es wimmelt von Cameos (Leonard Cohen, Britney Spears, Divine Brown), es gibt witzige Worterfindungen, witzige Beobachtungen, erzählte Witze ("Kommt ein Pferd in die Bar. Fragt der Keeper: warum so ein langes Gesicht?") ... und es knirscht, weil nach einem fulminanten Start die Künstlichkeit der Konstruktion überall zu spüren ist. Sogar in der mitgelieferten Selbstkritik: immer wieder stößt Alex-Li auf drei Rabbis, die sich bemühen, einen viel zu großen Schrank in einen viel zu kleinen Wagen zu laden. Offensichtlich weiß Zadie Smith genau, dass sie sich mit ihrem zweiten Album etwas verhoben hat.

Vielleicht kriegen wir als drittes Buch eine handliche Sammlung ihrer Zeitschriftenartikel? Seit die schwarze Britin in Harvard "Europäische Studien" betreibt, schreibt sie nämlich schöne kluge Reportagen. Und vor allem kurze.

WING
Zadie Smith: Der Autogrammhändler. Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Droemer, München 2003, 437 S., 22.00