WINTERURLAUB

Reisewitze

Simon Borowiak fährt schon wieder in den Süden

Dass der Autor früher mal als Simone Borowiak das deutsche Satirefräulein-Wunder war, kann man vergessen. Muss man aber nicht. Nach vielen Psychiatrieerfahrungen ist Simon jedenfalls gereift, in Melancholie gestärkt und witzig wie nie. Beziehungsweise wie immer. In Schade um den schönen Sex fährt sein literarisches Alter Ego mit einem Freund aus früheren Büchern über Weihnachten nach Italien. Der wollte eigentlich eine Frau mitnehmen, aber Simon sagte schon im ersten Kapitel das Scheitern der Beziehung so eloquent voraus, dass der Grundton feststeht: amüsiertes Entsetzen. Der Erzähler kokettiert ein bisschen damit, dass er alle Abgründe schon gesehen hat, aber er kann auch einfach einen Eindruck feiern mit "Wir kamen aus dem Tunnel und fraßen das Meer auf". Was auch immer den beiden an Verwicklungen in Ventimiglia zustößt, die den Titel rechtfertigen: Im Gedächtnis bleibt die Haltung einer seltsam überdrüssigen Neugier. Irgendwie erinnert den Erzähler alles an früher, und irgendwie ist alles trotzdem neu. Oder nicht wahr, wie der Schnee im letzten Bild, der ein Reflex auf Borowiaks letzten Roman ist, der eine Winter-Tragödie war. Aber eben auch ein Irrtum: Da hat jemand bloß den Bahnsteig geweißelt.

Wing
Simon Borowiak: Schade um den schönen Sex Eichborn, Frankfurt 2009, 180 S., 16,95