Alte Säcke Warten auf die 4 Dagmar Schönleber leidet am Lauf der Zeit Es ist halt alles nicht mehr so wie früher. Da hat man mit 18 geheiratet, bald Kinder bekommen, der Mann hat das Geld nach Hause gebracht, und irgendwann waren die Kinder aus dem Haus und man war alt. Einfach alt. Heutzutage, und Charlotte Niesguth, die Hauptprotagonistin aus Dagmar Schönlebers neuem Roman Vierzig Fieber - Eine Gradwanderung ist dafür ein prima Beispiel, lebt es sich nicht mehr so geregelt. Charlotte ist kinderlos, kümmert sich aber so gut es geht um die pubertierenden Zwillingsmädchen des Freundes. Ein Großteil der Freunde hat sich in regelkonforme Zombies verwandelt. Und dann steht auch noch eine Zeitenwende an, denn Charlotte wird bald 40. Natürlich ist es gar nicht mehr so wild, das mit der 4 am Anfang, heute bleibt man eh viel länger jung, treibt sich auf Konzerten rum, geht in Clubs. Trotzdem ahnt Charlotte, dass es doch nicht so einfach sein wird. Sie macht sich Gedanken. Und sei es nur darüber, weshalb sie plötzlich Werbung für Treppenlifte in der Post findet. Dagmar Schönleber erzählt in ihrem Episodenroman kurze Geschichten aus dem Jahr, bevor "es" passiert. Überall verändert sich was, und Dagmar Schönleber packt das in humorvolle Betrachtungen, die zwischen melancholisch und bissig changieren. Mit Frau Kronejung, einer Heimbewohnerin, um die sich Charlotte kümmert, bekommt der Roman eine Figur, die zwischendurch immer wieder zeigt: so schlimm wird es schon nicht werden und: nein, mit vierzig kann man theoretisch noch alles starten, was man will, wenn einem nicht gerade der Rücken weh tut, weil man auf einem Konzert war. Sacha Brohm
Dagmar Schönleber: Vierzig Fieber. Eine Gradwanderung. Satyr Verlag, Berlin 2014, 176 S., 12,90
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