WELTGESCHICHTE Zeitreisen durch Asien Daniel Schwartz erobert in »Schnee in Samarkand« fast ganz Asien Dies ist ein unglaubliches, ein ungeheures Buch. Fast 1000 Seiten dick, über 3000 Jahre schwer und auch beim besten Willen nicht am Stück zu lesen. Immerhin hat der Fotograf Daniel Schwartz auch acht Jahre lang daran geschrieben. Eigentlich wollte er nur einen Bildband vorbereiten, mit den schönsten Aufnahmen seiner Reisen, die ihn 20 Jahre lang von Turkmenistan nach Kashmir, vom Hindu Kusch zum Kaspischen Meer und noch weiter herum führten. Irgendwie aber kamen ihm beim Blättern in seinen Fotos immerzu Reiseberichte aus der Geschichte dazwischen. Wo ihm ein Reifen platzte, hatte Alexander der Große mal ein Feldlager; wo Nietzsche sprang und Marco Polo ruhte, fallen Schwartz Passagen aus arabischen Enzyklopädien und griechischen Sagen ein. Echte und erfundene Reisen legen sich übereinander, abenteuerliches Expeditionstagebuch, komplizierte geopolitische Studie und literarisches Verwirrspiel wechseln sich ab. So entsteht ein Spiegelpalast im Herzen von Zentralasien, so etwa zwischen Persien und China, wo sich schon immer Handelsrouten kreuzten und Imperien aneinander zerschellten. Daniel Schwartz mäandert mit ganz großer Geste durch sein Kuriositätenkabinett und ist so sehr in seine Entdeckung der Meta-Reise-Literatur verschossen, dass er orientierende Karten und illustrierende Bilder weitgehend weglässt und schon in der Einleitung den Leser mit den Hundert überlieferten Schreibweisen des Namens Dschinghis Khan überfordert. Trotzdem sollte sich jeder, der etwas von Afghanistan bis Zarathustra wissen will, den Schwartz ins Regal stellen. Immerhin kann man in seinen Dschungel aus Lese- und Reisefrüchten auch immer mal wieder hinterrücks - oder quer - hineinspringen. wing
Daniel Schwartz: Schnee in Samarkand. Ein Reisebericht aus dreitausend Jahren. Eichborn, Frankfurt 2008, 992 S., 49,95
|