Älterwerden Leben im Hinterhof Sarah Schmidt erzählt von Freundschaft, Familie und anderen Problemen
Nina Krone lebt in Berlin in einem der letzten nicht sanierten Altbauten. Manchmal kommen Reporter vorbei und erkundigen sich, wie das ist, wenn man in den Keller laufen muss, um Kohle in die Wohnung zu holen, damit es schön warm bleibt. Besonders im Winter. Und der steht vor der Tür. Nina wohnt mit ihrem Mann Fritz zusammen, die Kinder sind erwachsen. Neben ihrem Job in einem Fotoladen bleibt Nina viel Zeit, um nachzudenken. Immer öfter denkt sie über das Älterwerden nach, auch bestärkt durch ihre Nachbarin, die alte Frau Scholz, die allein durch ihre Präsenz auszudrücken scheint, wie schrecklich das alles ist, das Leben, das Haus, einfach alles. Eines Tages beschließt Nina, Frau Scholz einen Eimer mit Kohlen vor die Tür zu stellen. Ganz uneigennützig. Nichts will sie dafür haben. Doch Frau Scholz wird skeptisch, vermutet gar von einer Lesbe heimgesucht zu werden. Nach anfänglichem hin und her kommen sich die beiden näher. Erste Schnäpse werden zusammen getrunken, Privates wird ausgetauscht. Nina erzählt von den Sorgen, die sie mit ihrem schwulen Sohn hat, der mit seinem neuen Freund ein Kind haben will - zusammen mit einem lesbischen Pärchen. Und ihre Tochter Ella vergeudet ihr Potenzial als Hilfskraft. Sarah Schmidt ist mit Nina Krone eine äußerst sympathische Figur gelungen, die allem und jedem skeptisch gegenübersteht. Wie sie sich und ihre Umwelt inspiziert und bewertet, das ist wunderbar zu lesen. Besonders in Erinnerung bleiben die Dialoge, die oft von einer spröden Einsilbigkeit beherrscht werden, aber hinter jedem einfachen "Hmm." eröffnen sich Welten, die die Macken und Sorgen der Protagonisten deutlich machen. Sacha Brohm
Sarah Schmidt: Eine Tonne für Frau Scholz. Verbrecher Verlag, Berlin 2014. 220 S., 19,-
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