Schaubilder

Zahlen, Striche, Fakten

Wie Schaubilder und Diagramme die Welt erklären

Sie sollen komplexe Sachverhalte verständlich machen. In Magazinen, im Fernsehen, im Netz, in allen visuellen Medien haben sie ihren Platz: Schaubilder, vom Tortendiagramm zur Geburtentabelle. Focus, Spiegel, Tagesschau, grundlegende Informationen werden mit ihnen überall - meistens - anschaulich dargestellt. Man kann mit ihnen arbeiten, seine Ansichten bekräftigen, sie sind einfach nicht wegzudenken. Doch was für eine Welt stellen sie dar, diese "einfachen" Informationsbilder? Der Bielefelder Kunstverein hatte schon im letzten Jahr zu der Ausstellung Schaubilder eingeladen, jetzt wird der dazugehörige Katalog nachgereicht. Und der funktioniert auch ohne Ausstellung ganz gut.

Der Hauptschwerpunkt des Bandes Schaubilder liegt natürlich in der Auswirkung diagrammatischer Bildformen auf die zeitgenössische Kunstproduktion. Ausgehend davon, dass 1525 bereits Albrecht Dürer Schaubilder als Erkenntnisinstrument in seine Ausführungen zur Perspektive eingebunden hat, wird der Weg der Diagramme bis in die Moderne weiterverfolgt. Im Katalog werden zahlreiche Anschauungsbeispiele vorgestellt. Vom angesprochenen Schaubild Dürers bis zu einer Grafik von Alfred H. Barr, die nachzeichnet aus welchen Kunstrichtungen sich andere Kunstrichtungen entwickelt haben, oder einer Arbeit von Harun Farocki, der illustrierte Statistiken, Pfeildiagramme, Kuchen- und Säulendiagramme zum Thema Migration gesammelt und zusammenmontiert hat.

Womit sich die Frage stellt, wer in diesen Darstellungen eigentlich dargestellt wird? In ihrem Aufsatz "Diagramme als Gestalt politischer Technologie." geht Susanne Leeb auf diesen Aspekt und zudem auf die Auseinandersetzung zeitgenössischer Künstler mit dem Thema ein. Die Gestalter Nicolas Bourquin und Niloufar Tajeri beschäftigen sich mit der Infografik aus eben der Sicht der Gestalter und eröffnen den Blick auf die Möglichkeiten, die Tools und Programme Gestaltern bieten, auch im Netz mit Schaubildern zu arbeiten.

Neben den textlichen Beiträgen, versammelt der Katalog auch noch Arbeiten, die während der Ausstellung zu sehen waren. Hier stechen vor allem die Bilder von Michael Najjar heraus. 2009 hat er den Aconcagua bestiegen, den höchsten Berg auf dem amerikanischen Kontinent. Die dort entstandenen Fotografien der Gipfel hat er den aktuellsten Börsenkursen angepasst, jenen Zick-Zack-Grafiken, die man aus dem Fernsehen kennt. Dadurch sind atemberaubende, wenn auch unrealistische Gipfelformationen entstanden.

Sacha Brohm

Thomas Thiel (Hg.): Schaubilder. Sternberg Press, Berlin 2013, 128 S., 20 Euro.