Islam Böse Nachbarn Ulrich Kraetzer fragt sich: »Salafisten - Bedrohung für Deutschland?« Die Frage im Buchtitel ist so schillernd eindeutig wie der Buchinhalt: Dass der Salafismus eine Gefahr darstellt, scheint festzustehen, untersucht werden muss nur noch, ob diese Gefahr auch für Deutschland besteht. Und mit "Gefahr" sind hier terroristische Aktionen gemeint, einer etwaigen "kulturellen Unterwanderung", wie sie Sarrazin et.al. unterstellen, geht der Autor dankenswerterweise erst gar nicht nach. Die Frage, was Salafismus eigentlich sei, scheint ebenso schwer zu beantworten zu sein wie die Frage nach der Bedrohung, die von ihm ausgeht. Nach all den Fakten, die Kraetzer über "Salafismus" zusammengetragen hat, entsteht das Bild einer Ideologie, die einfache Antworten für eine komplizierte Welt liefert und damit fanatisierte Idioten erzeugt; so wie es Christentum, Kommunismus oder Weltmeisterschaften auch tun, ohne direkt ursächlich zu sein. Kraetzer unterscheidet drei Gruppierungen innerhalb der Salafisten, wobei nur eine Minderheit zum Dschihad aufruft, zum bewaffneten Kampf; viele dieser Dschihadisten scheinen sich inzwischen in Ägypten oder Syrien zu befinden. Die anderen beiden Gruppierungen halten sich weitgehend an die politischen Spielregeln oder lehnen eine Teilnahme an gesellschaftlich-politischen Auseinandersetzungen sogar grundsätzlich ab. Die Versuche, den Gründen für die Gewaltbereitschaft auf den Grund zu gehen, lesen sich ziemlich ermüdend, was vor allem am intellektuellen Niveau von Kraetzers Gesprächspartnern liegt. Die fast ausschließlich autodidaktisch ausgebildeten Prediger der Salafisten betreiben eine Theologie auf unterstem Niveau. Schon die Ausführungen von Gottes Krawallbruder Pierre Vogel (der Ex-Boxer ist eine der Schlüsselfiguren der deutschen Muslim-Szene) wirken da fast gehaltvoll. Der hält den Koran für Gottes Wort, weil er angeblich und im Gegensatz zur Bibel vollkommen widerspruchsfrei sei. Warum fast alle antiwestlichen Attentate von Tätern verübt wurden, die zumindest Kontakte zum Salafismus hatten, kann auch Kraetzer nicht erklären. Ebenso wenig, warum gewaltbereite junge Männer manchmal aus eindeutig friedfertigen Salafistensprengeln stammen. Eine gesonderte Gefährdung Deutschlands sieht er trotzdem nicht. Tatsächlich scheint die deutsche Szene durch den Weggang vieler Köpfe nach Ägypten oder Syrien im Augenblick eher geschwächt zu sein. Aber die kommen wieder zurück, schreibt Kraetzer. Und die Geheimdienste haben keine Ahnung, was die dann tun werden und was sie, die Geheimdienste, dagegen tun könnten. Deutschland ist halt vielfältig gefährdet. Erich Sauer
Ulrich Kraetzer: Salafisten - Bedrohung für Deutschland? Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2014, 288 S., 19,99
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