FEMINISMUS
Damen von Welt
Ein Klassiker der Space-Gender-Opera von Joanna Russ
Stell' dir vor, ab morgen sind die Männer wieder da. Nachdem sie Jahrhunderte lang weg waren und keine sie vermisste. Kinder kriegen ging ohne sie, sich die Köpfe einschlagen auch - nur für die systematische Herabwürdigung irgendwelcher Gen-Cluster braucht es scheinbar ein Y im Ei.
So sah es jedenfalls Joanna Russ 1975 in ihrem Roman The Female Man, der gerade neu übersetzt in der "Social Fantasies"-Reihe des Ariadne Verlags noch einmal erschien. Eine Weile entfernt ist eine Weile her, aber die Utopie von Whileaway, dem Planeten ohne Männer, ist immer noch der Zeit voraus. Ein großer Wurf, parteilich, zärtlich, zornbebend und zynisch elegant in eins.
Die Wahrscheinlichkeiten werden brüchig im Buch, und fünf Frauen, allesamt Personas der Autorin, trudeln durch unsere Wirklichkeit, Whileaways Gegenwelt und mehrere Mischformen. Sie probieren Geschlechter-Rollen aus, machen sich über Klischees lustig und leiden an ihren eigenen Widersprüchen. Sie entdecken die Fratze des Patriarchats noch in der harmlosesten Party-Floskel - und finden trotzdem Bärte manchmal süß. Sie überleben in den Nischen tyrannischer Gesellschaften - und haben Vergnügen an Sex und Gewalt, ganz wie normale Menschen, wenn man da nur nichts durcheinanderbringt. Dabei geht es lustig und traurig zu ("nachdem die Hälfte der Bevölkerung begraben war - die tote Hälfte hoffe ich"), albern und überaus ambitioniert. Joanna Russ schrieb zwar nicht den allerersten feministischen Science Fiction Roman, aber doch eines der wichtigsten Bücher der letzten 30 Jahre. Das schrieb ein Mann über sie, der SF-Enzyklopädist John Clute; vor einer ganzen Weile schon - und es gilt noch immer.
WING
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