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Harry Rowohlt kriegt zum Geburtstag zwei Bücher spendiert
Herr Rowohlt ist Übersetzer, Autor, Sprecher und Kleindarsteller in der "Lindenstrasse". Weil da noch Zeit übrig bleibt, schreibt er gerne Briefe, viele Briefe. An seinen Bruder, seine Chefs, Leser, Kollegen, Feinde, Freunde. Als Meister der "kleinen Form" sind seine Briefe besonders witzig, wenn sie kurz sind. Für einen flotten Spruch ("Die Unsensiblen sind oft die Empfindlichsten") ist der Mann immer gut.
Mit Der Kampf geht weiter hat Rowohlts Hausverlag Kein & Aber ihm ein Geburtstagsgeschenk gemacht; Rowohlt, der seit zehn Jahren aussieht wie 70, ist am 27. März 60 geworden. Herzlichen Glückwunsch.
In Vorbereitung darauf durfte seine alte Freundin Anna Mikula alle Leitzordner mitnehmen, in denen Rowohlt seine Briefe aufbewahrt. Und hat auf gut 450 Seiten eine Auswahl daraus getroffen. Man kann - naturgemäß - nicht sagen, ob diese Auswahl gut ist, immerhin sind die meistens Briefe lustig, manche sind böse, manche zeugen von einem starken Ego ("Ich bin nicht eitel", schreibt Rowohlt mal, "ich bin nur sehr, sehr gut"). Viele handeln vom Übersetzerhandwerk. Das ist lehrreich. Aber nicht immer vergnüglich. Manche stehen recht unvermittelt da; warum der weitaus längste abgedruckte Brief an den Synchronsprecher und Schauspieler Friedrich Schönfelder gerichtet ist, erschließt sich nicht so richtig.
Man lernt auch etwas über Harry Rowohlt. Etwa dass er viel weniger trinkt als angenommen, dass er weiß, wann "Ally McBeal" im Fernsehen kommt, dass er Kreisler kennt, Josef Hader Anekdoten erzählt und eine ganz große Liebe zu Irland hegt. Übrigens neigt Harry Rowohlt auch zur Pedanterie. Insofern hat ihm sein Verlag einen großen Gefallen getan, denn da Rowohlt sich auch gerne ärgert, sind die Satzfehler im Buch (Seite 180!) sozusagen das Sahnehäubchen auf der Geburtstagstorte.
Der Große Bär und seine Gestirne - Freunde und Weggefährten grüssen, dichten und malen zum 60. Geburtstag von Harry Rowohlt - das klingt, als wären Goethe und Schiller gleichzeitig hundert geworden. Neben den Briefen hat Kein & Aber ein Jubelbändchen mit obigem, ziemlich langen Titel aufgelegt, in dem so ziemlich jeder, der Rowohlt mal ne Flasche aufgemacht hat, mit einem Text oder Bild in der Hand gratulieren darf. Das ist oft nicht nur langweilig, sondern auch sehr peinlich. Denn wie jeder Geburtstagskartenschreiber fühlen sich die Gratulierenden meist zur Originalität gezwungen, werfen sich gleichzeitig auf den Rücken wie Hunde im Ernstfall, um Rowohlt den Kehlkopf darzubieten: ich weiß, dass du besser bist, Harry, wenn du willst, kannst du jetzt zubeissen. Und nebenbei: interessiert es wirklich jemanden in 3 Kapiteln, dass der Ex-TV-Fuzzi der "taz" sich von Rowohlt einst "inspirieren" ließ? Dass der Diogenes-Chef Rowohlt mal auf ´ner Buchmesse die Hand geschüttelt hat?
Es gibt auch einen Erläuterungsapparat, wer was ist und warum. Dazu gäbe es einiges zu sagen, aber nur so viel: Über Kurt Vonnegut steht da: "Schriftsteller (u.a. Zeitbeben). Lebt in New York." Nun ist Herr Vonnegut zwar nur wenigen, dafür aber unter anderem durch Romane wie "Schlachthof 5", "Frühstück für starke Männer", "Das höllische System", "Gott segne Sie, Mr. Rosewater", "Slapstick", "Galapagos" oder "Katzenwiege" bekannt. Allerdings ist "Zeitbeben" der einzige Vonnegut-Roman, der von Rowohlt übersetzt wurde. So viel Platz für Ehrlichkeit sollte schon sein.
Thomas Friedrich
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 Harry Rowohlt: Der Kampf geht weiter! Schönen Gruß, Gottes Segen und Rot Front. Nicht weggeschmissene Briefe Hg. von Anna Mikula. Kein & Aber, Zürich 2005, 464 S. mit Register, 22,80 ISBN: 3036951334 Der Große Bär und seine Gestirne - Freunde und Weggefährten grüssen, dichten und malen zum 60. Geburtstag von Harry Rowohlt. Eingesammelt und zusammengetragen von Anna Mikula und Peter Haag. Kein & Aber, Zürich 2005, 272 S., 14,90 ISBN: 3036951342
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