KABARETT
Vorlauter Vater
Mit Che Guevara-Jacke nach Sylt - Richard Rogler gibt nicht auf
Und noch mal Camphausen, Richard Roglers Kunstfigur, die ihn durch die Jahre begleitet hat. Früher war Camphausen einer, der sich im Getriebe der SPD aufgearbeitet hat, als es sich noch lohnte, über die SPD Witze zu machen. Heute ist das anders. Wenn Camphausen erklärt, wieso die Deutschen in der PISA-Studie so schlecht und die Finnen so gut abschnitten, klingt das so: "Das finnische Schulsystem ist im Prinzip das alte Gesamtschulkonzept der SPD. Aber bei denen klappt das. Weil die nur das Konzept genommen haben und die SPD weggelassen."
Anfang offen heißt das vorerst letzte Camphausen-Programm, das auf Buch und CD vorliegt. Camphausen ist Hausmann, aus der Politik hält er sich raus. Er geht zu Elternabenden und mosert über das Schulsystem: "Es ist doch eine Tatsache, dass in Bordellen die Mordrate geringer ist als an Schulen. Und der Grund ist einfach der: Bordellbesuche machen Spaß!"
Klar, dass Camphausen nicht nur von Kinder, Küche und Kochrezepten erzählt. Er war mit seinen Kumpels gerade auf Sylt ("Das ist wie Uschi Glas als Insel"), eckte aber dauernd an, weil er seine alte Che Guevara-Lederjacke anhatte, was auf Sylt sowieso nicht gut ankommt, und zum "Italiener für Besserverdienende" geht man damit besser auch nicht.
Roglers Rezept war immer die cholerische Melancholie. Er war immer einer der lautesten Kleinkünstler; und einer der traurigsten. Diese Stimmung bestimmt auch Anfang offen, wo er am Ende das Scheitern aller Erziehung erkennen muß. Aus dem rebellischen Sohn ist ein anzugtragender Mercedesfahrer geworden. ("Du hast immer gesagt, Daimnler-Benz wäre so fett im Waffenhandel, da würde Blut an den Reifen kleben." - "Ja, das kann sein, das hat aber keinen Einfluß auf die Fahreigenschaften."), verheiratet, angepaßt, und bald wird er die Küchenhersteller-Firma des Schwiegervaters übernehmen. Man muß das kleine Glück suchen, sagt Camphausens Sohns, eines, das man sich leisten kann. Und der Vater denkt: "Ich hätte ihm eine scheuern können. Jetzt, wo er volljährig ist, wär's erlaubt. Aber sinnlos. Früher, als er klein war, war es nicht erlaubt, aber sinnvoll wär's gewesen."
Victor Lachner
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