FRAUEN

Lovely Rita

Rita Mae Brown erzählt die erste Hälfte ihres Lebens

Seit 20 Jahren ist sie das Zugpferd der amerikanischen Frauenbewegung, der Leitwolf der Lesben, die Füchsin im Mainstream-Hühnerstall ... und seit sie ihre Stubentigerin Sneaky Pie als Ko-Autorin einsetzt, ist Rita Mae Brown auch noch die Mutter der furchtbaren Katzenkrimi-Plage geworden. Jedenfalls in Deutschland. Aber der Teil kommt in der ersten Autobiographie der 55-jährigen erfreulich kurz weg (nun ja "Missekatz" war Rita-Babys drittes Wort - meines soll "Akkumulatorenfabrik" gewesen sein).
Auch das Liebesleben wird eher diskret abgehandelt. Voyeure erfahren fast nichts über Ritas Affäre mit Martina Navratilova - außer, wie es wirklich dazu kam, daß die Schriftstellerin dem Tennisstar mit deren Revolver das Auto erschoß. Sogar die Schriftstellerei kommt erst ab Seite 400 (ca. 1970) vor. Bis dahin erleben wir die allmähliche Verfertigung einer linken, bisexuellen Südstaaten-Intellektuellen, die Gewalt für ein notwendiges Mittel der Politik hält - und stolz darauf ist, mit zum Ende des Vietnamkriegs beigetragen zu haben.
Nichts scheint, wenn man es so sagt, bei Rita Mae zusammen zu passen - nichtmal eine echte Dixie ist sie (geboren in Hannover, Pennsylvania, ein paar Kilometer zu weit nördlich für den Bürgerkrieg), und doch ergibt alles eine kraftvolle (und live überaus einnehmende) Person.
Zum 40sten Geburtstag ließ sie sich eine Torte schenken, aus der ein Bunny sprang - und die Einnahmen der Party gingen an ein Frauenhaus ... und gleich neben einer profunden Analyse des amerikanischen Parteiensystems stehen Lebensweisheiten wie "Ich muß lachen, wenn ich die Ratgeber sehen, wie man sein Leben unter Kontrolle kriegt. Man kann schon von Glück sagen, wenn man seine Blase unter Kontrolle hat." Oder auch "Sterben ist eine kraß überschätzte Erfahrung".
Rita mag Chromleisten an Buicks, Rita freut sich, wenn Bauarbeiter ihren Beinen nachpfiffen (in ihren 30ern), Rita posiert in roter Uniform als Master bei der traditionellen Fuchsjagd (in Amerika überleben deren Opfer immer) - aber Rita fliegt auch vom College, weil sie offen homosexuell sein will, oder wird einfach nicht in den örtlichen Polo-Club aufgenommen, weil die weder die erste Frau noch einen schlechten Reiter wollten. Sie lernte dann eben besser reiten.
Das ist zu persönlich? Der Hauptteil des Buches sei doch politisch? Studentenbewegung, Frauenbewegung, Autorengewerkschaft ... nun, die längste Einzel-Episode handelt vom in Amerika pressefüllenden Unterhaltsstreit zwischen Ritas Ex Martina und Martinas Ex Judy ("sie lag gefühlsmässig falsch aber politisch richtig"), die dann bald auch Ritas Ex wurde ... so hängt das zusammen. Und am Ende des Buches zieht sie los, um die Zäune auf ihrer Farm wieder aufzurichten, die ein Hurrican verwüstete. Ohne staatliche Zuschüsse. Yeah, John Wayne hätte Rita statt Marion heißen sollen.
Maria H.
Rita Mae Brown: Rubinrote Rita. Eine Autobiographie Deutsch von Margarete Längsfeld und Martina Tichy. Rowohlt, Hamburg 1998, 700 S., 42.00 DM