SCHAUDER

Tödlich Gucken

»The Ring« ist seit 10 Jahren in Japan ein Hit

Der Japaner Koji Suzuki hat von seinem "Ring"-Zyklus laut Verlag 8 Millionen Bände verkauft. "Japans Antwort auf Stephen King" (Klappentext) ist er sicherlich nicht, und wenn, dann die falsche.
The Ring, der erste Band, handelt von vier Teenagern, die alle zur gleichen Stunde an Herzversagen sterben (schon wie deren Tod beschrieben wird, zeichnet Suzuki als einfallslosen Krawallautor unterster Schublade aus). Ein Reporter, der sonst nichts zu tun hat, untersucht den Tod der vier und findet bald heraus: sie alle haben zusammen ein Video gesehen, das einem am Ende mitteilt: wer das sieht, muß nach einer Woche sterben. Dumm, dass der Reporter das Video auch angeschaut hat.
Man muß schon heftig an Dämonen glauben, überhaupt an jede Menge übersinnlichen Schnickschnack, um der folgenden Geschichte irgend etwas abzugewinnen. Denn Suzuki als Autor ist derart schwach, dass seine Geisterbeschwörung keinerlei Wirkung entfalten. Der brav entwickelte Plot arbeitet einfach eine Reihe von Hinweisen ab, die schließlich zu einem 25 Jahre alten Grab führen, in dem sich jede Menge "böse Energie" gesammelt hat. Platt gesprochen: steht ein Videorecorder über dem Grab, kann der böse Geist daraus einen Film machen.
Warum der tödlich ist, geht zumindest aus dem ersten Teil (erschienen 1991) nicht hervor. Inzwischen gibt es drei weitere Bände, drei japanische Verfilmungen und eine us-amerikanische, produziert von Spielberg, die jetzt ins Kino kommt.
In Stephen Kings besten Romanen kommt das Böse direkt aus dem Herzen oder der Ignoranz der braven Bürger. Bei Suzuki ist es nur ein Effekt. Die durchaus boshafte Idee, dass man sich selbst vor dem Bösen schützt, in dem man es dem Nachbarn unter der Tür durchschiebt, wird, schlecht vorbereitet, erst auf den letzten Seiten präsentiert. Und soll offenkundig nur zum Kauf des zweiten Bandes anregen.
Der Kult, der unter Fans um die japanische Verfilmung des 1. Bandes gemacht wird, ist schwer zu verstehen. Fürs Kino wurde die Geschichte bis ins Unverständliche gerafft, die Hauptfigur ist jetzt weiblich (mit allen frauenfeindlichen Folgen, zu denen ein japanischer Film in der Lage ist), aus dem klugen und genußsüchtigen Freund des Buches wurde der allwissende Ehemann, fast alle sexuellen Komponenten wurden aus der Geschichte getilgt, die im Buch schon unglaubwürdige Story wirkt im Film vollkommen absurd. Anfang Februar ist der japanische "Ring" erstmals auf Deutsch auf Leih-Video erschienen (veröffentlicht bei e.m.s.).
Alex Coutts
Koji Suzuki: The Ring. Aus dem Amerikanischen (sic!) von Bernhard Liesen und Kathrin Marburger. Heyne, München 2003, 301 S., 8,95 EU. ISBN: 3453866797