MUSIKINDUSTRIE

Das Ende

Musikmanager Tim Renner plaudert aus dem Nähkästchen

Tim Renner bewirbt sich 1986 bei der Plattenfirma Polydor. Sein Beweggrund: Undercover für eine Enthüllungsstory über die Musikindustrie zu ermitteln. Doch schnell ist der heroische Gedanke verworfen und Renner macht selbst Karriere als Musikmanager - Element Of Crime, Rammstein, Tocotronic und Philip Boa, um nur einige zu nennen, haben ihren Erfolg auch Renner zu verdanken. Er schaffte es 1999 bis an die Spitze von Universal Music Deutschland und gründete nach seinem dortigen Ausscheiden das Label Motor Entertainment.

Renner war dabei als die Musikindustrie von der CD als neuem Medium nichts wissen wollte, als der Markt zur musikalischen Entwicklungsbremse wurde und die Künstler und ihre Musik zur Nebensache werden ließ. Und schließlich sah er, wie die Digitalisierung das gesamte Geschäft veränderte, ohne dass die großen Labels es wahr haben wollen.

In Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm", beschreibt und analysiert Renner den Weg der Musikindustrie von den ersten musikalischen Aufzeichnungen bis heute und prognostiziert für das Geschäft, wie es heute strukturiert ist, keine gute Zukunft.

Er geht sogar so weit zu sagen, Plattenlabels seien durch die Digitalisierung und das Internet nahezu überflüssig. Gnadenlos rechnet er mit dem Starrsinn der Manager ab, die von gewohnten Strukturen nicht abweichen wollen und nicht flexibel genug sind sich auf den Marktwandel einzustellen.

Ähnlich wie Dan Kennedy es schon mit Rock On für den us-aAmerikanischen Markt tat, plaudert Renner aus dem Nähkästchen und kommt zu einem ähnlichen Schluss wie sein Kollege Kennedy: Die Zeit, in der es bei Musiklabels noch um gute Musik, Leidenschaft und die Liebe zur Sache ging, ist lange vorbei.

Janne Hiller
Tim Renner: Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm. Rogner & Bernhard, Berlin 2008, 406 S., 17,90