IMMIGRANTEN

Ein Jugo in Teutoland

Danko Rabrenovic erzählt von seinen Erfahrungen als Einwanderer

Als er seinen Gestellungsbefehl erwartete und klar war, dass in Jugoslawien bald Krieg ausbrechen würde, wurde Danko Rabrenovic von seinen Eltern nach Deutschland zu Verwandten geschickt, nach Recklinghausen. Als Kind aus einer "Mischehe" (Vater Serbe, Mutter Kroatin) konnte er fortan mit zunehmendem Erstaunen aus der Ferne beobachten, was in seiner Heimat geschah. Wenn er heute nach Belgrad zurückkommt, ist die Stadt noch seine Heimat, aber sie kommt ihm schmutzig und heruntergekommen vor, ein Ort, in dem Halbwelt und Mafia die Macht übernommen haben.

Sein Buch Der Balkanizer - Ein Jugo in Deutschland wirft nicht nur einen Blick auf unsere, die für ihn fremde Kultur, es beschreibt auch ausführlich und ehrlich die "Jugo"-Kultur, in der alles lauter, fröhlicher, sozialer zuging. Trotzdem lässt Rabrenovic, der selbst eine Band hat und heute eine Radioshow namens "Der Balkanizer" betreibt, nichts auf die neue Heimat kommen: Was die Duldung anderer Kulturen anginge, könnten sich die Jugos allemal eine Scheibe von Multikulti-Deutschland abschneiden. Dass er trotzdem auf dem Ausländeramt wie Aussatz behandelt wird, dass der deutsche Staat ihm als Immigrant das Leben so schwer wie möglich macht, kommt allerdings auch vor.

Es amüsiert ihn die deutsche Sitte, sich am Telefon mit Namen zu melden (überall sonst auf der Welt sagt man "'allo?" oder "Pronto!", "Yes" oder "Halo"...) oder das analfixierte, einfallslose deutsche Schimpf-Vokabular (Jugos sind Weltmeister im Beschimpfen, aber anders, und das meiste sollte man lieber nicht übersetzen; Rabrenovic tutīs...). Und er erwähnt eindringlich, dass jene Musik, die hier seit einiger Zeit als "Balkan Beat" unterwegs ist, bei ihm zu Hause vorwiegend auf Hochzeiten vor Besoffenen gespielt wird: Der Roma-Brass, der hier seit Jahren die Clubs füllt, hat wenig mit Balkan-Pop zu tun.

Victor Lachner
Danko Rabrenovic: Der Balkanizer. Ein Jugo in Deutschland. Unter Mitwirkung von Sebastian Brück. Vgs, Köln 2010, 190 S., 13,40