FRAUEN
Dösen mit Hendryke
Eine Selbstmörderin in der Laber-Therapie
Masochisten machen auch ihren Mitmenschen das Leben zur Hölle. Hendrikje etwa, eine verhuschte Malerin Mitte 30, die sich ständig im eigenen Unglück verheddert und wegen Totschlags verurteilt wird.
Ausgangspunkt des Wiederauferstehungs-Dramas sind Gespräche mit der Gefängnis-Psychologin. Der erzählt Hendrikje ihre Lebens- und Leidensgeschichte. Von den Eltern verlassen, wächst sie bei ihrer strengen Omi auf, von der sie selbst mit 34 Jahren nicht loskommt. Als Kellnerin jobbt sie sklavenartig unter einer Chefin, die von allen nur "Goebbelsö genannt wird, während ihre Malerei brachliegt. Mit den Männern sieht es kaum besser aus, weil Omi keine Kerle in der Wohnung sehen mag.
Für einen herzenskalten Egomanen, den Hendrikje nur als flüchtigen Geliebten ausgeben darf, hatīs gerade noch gereicht. Als dieser angeblich alleine in die Ferien fährt und mit ihrer frisch geschwängerten Freundin zurückkehrt, ist Maß voll. Gleichzeitig stirbt Omi, Hendrijkes Atelier brennt ab ... wie gemein!
Das alles erzählt die verhinderte Selbstmörderin in endlosen Monologen ihrer Knast-Therapeutin. Bis auf die letzten zwanzig Seiten ist der Roman ein Rückblick auf Ereignisse, die in Echtzeit womöglich mal spannend gewesen sind. In Hendrikjes Schilderungen sind sie es nicht. Denn sie (respektive die Autorin) gehört zu jenen Zeitgenossinnen, die Wichtiges partout nicht von Unwichtigem unterscheiden können. Dabei hält man bei der Schilderung ihres ersten Selbstmordversuchs die Details über Telefonkabel, Dachluken und Zigarettenkippen noch für einen besonderen Clou. Wenn sich aber selbst am Ende des Romans noch ganze Absätze ums Geschirr spülen, Aschenbecher leeren und Fenster lüften drehen, wirkt das schlicht geschwätzig. So wird auch die anfangs noch mitfühlende Therapeutin von Gesprächsstunde zu Gesprächsstunde immer dösiger - und der Leser döst mit.
Frank Krings
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