WISSENSCHAFT
![]() Ein lustiges, magisches Kosmologielehrbuch Seine Scherze waren schon immer etwas belesener als bei den Spaß-Fantasy-Mitbewerbern - jetzt fällt auch der Ernst bei ihm unterhaltsamer aus als in der durchschnittlichen Volkshochschule. Auf Terry Pratchetts Scheibenwelt hält die Wissenschaft Einzug - der Papst der flachen Gegen-Erde und seine in unserer Rund-Welt forschenden Freunde Ian Stewart und Jack Cohen erklären sehr schön am Unterschied seines magischen und unseres sogenannten wirklichen Universums, was Wissenschaft eigentlich ist. Dass es keine Weltformel geben muss (und wieso, wenn es eine gäbe, sie evtl. gar nix nützt), was Schrödingers Katze damals eigentlich gegen die Kopenhagener Deutung der Quantentheorie hatte (kurz: "halbtot" ist physikalisch unpräzise), und dass die Analyse des Human-Genoms sehr wenig Wissens-Fortschritt bringt. Die Fantasy-Rahmenhandlung ist leicht, die Science-Einsprengsel sind locker, aber man muss gehörig mitdenken, um von den ersten 3 Sekunden von allem bis zum Ende der Menschheit, wie wir sie kennen, mit Gewinn mithalten zu können. Die Scheibenwelt-Story geht einfach darum, dass die Magier der Unsichtbaren Universität von Ankh-Morpok einen Atom-Reaktor bauen und darin ein Universum schaffen: unseres. Die dazwischen geschalteten Sach-Artikel erklären, wie das funktioniert. Nämlich sehr viel seltsamer und spannender, als es 1996 noch aussah. Stewart/Cohen verarbeiten die neuesten Erkenntnisse über Welten und Welt-Erkenntnis-Weisen, und Pratchett schreibt skurrile Story-Kontrapunkte dazu. Am Ende haben wir glatt den uninteressantesten Teil, die Entwicklung der Menschheit, verpasst - aber viel über Quantenmechanik und Evolution, Hypothesen-Kritik und das kluge Konzept der geregelten Neugier gelernt. Viele einfache, gute Vorurteile werden entlarvt (die Regenwälder sind nicht die Lungen des Planeten), viele komplizierte, bessere Lern-Regeln werden plausibel (bedenke immer, was stattdessen hätte passieren können) ... und wer demnächst auch nur die Aufnahmeprüfung auf irgend eine Universität schaffen will, sollte dieses Buch gelesen haben. Und verstanden haben, wieso man trotzdem besser den Regenwald in Ruhe lässt und vorerst keine neuen Atomkraftwerke baut. WING
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